Am Donnerstag, 9. Juni 2011, 13:15 bis 14:00 Uhr, 3Sat, gab´s die schöne Sendung  „Netz Natur“ mit dem Berufs- Gutmenschen Andreas Moser zu sehen; Titel: Ehre sei den Tieren. Der gesperrte Text war im Vorspann der Sendung zu lesen. Ich habe dann mit dem Text darunter eine Nachricht an 3SAT und Herrn Moser geschrieben. Mit einer Reaktion habe ich nicht gerechnet. Sie war auch, wie immer, null.

 

Ehre sei den Tieren 

Ehre und Dank den Tieren – dies war die ursprüngliche Haltung der Indianer Nordamerikas und ihrer Verwandten in den nördlichen Polargebieten, die auf Gedeih und Verderb von der Natur und von Wildtieren lebten – wie auch unsere Vorfahren in Europa vor mehr als 10’000 Jahren. Naturvölker sehen sich nicht als die Herren der Natur, sondern als gleichberechtigte Lebewesen unter vielen anderen. Dieser Respekt kommt in vielen Mythen, Ritualen und in ihrer Kunst zum Ausdruck. NETZ NATUR begibt sich auf eine besondere Spurensuche zu den natürlichen Ursprüngen des Menschen, die auch uns heute wieder zu einem respektvolleren Umgang mit der Natur führen könnten.

Chapeau, ein toller Text. Ach ja, ach ja, Andreas Moser ist einmal mehr gekommen, die Welt zu retten. Das liegt seit Henri Dunant, Gott habe ihn selig, anscheinend in allen Schweizer Genen. Epigenetik pur sozusagen.

Es fängt an mit einer Passage über die Tschuktschen in Ostsibirien:

  • Jagd auf einen Grauwal (140 Stück im Jahr), mit kleinen Lanzen, stundenlanger Todeskampf.
  • Jagd auf Walrosse, ebenso.
  • Jagd auf Robben im Winter mit Netzen am Atemloch. Zur Klarstellung: Die Tiere werden damit schlicht ersäuft.

Alles das kommentiert mit tiefem, von oben herab gezeigtem Verständnis: „Sie müssen´s ja, sonst würden sie verhungern, vor allem, sie bitten die erlegten Tiere ja hinterher um Verzeihung, und damit geht das in Ordnung– wir von Netz Natur erlauben es also.“

Dann Schwenk nach Europa: Ein Fuchs, der verschmitzt lächelnd und entspannt in die Kamera schaut, so dass der städtische und damit naturentwöhnte Betrachter, 90 Prozent der Zuschauer, gar nicht anders kann als zu glauben, er nähre sich, frei nach Löns, vom grünen Grase. Kommentar sinngemäß: Und unsere dekadenten „Hobbyjäger“ schießen so etwas tot! Und dann ein wahrhaft vernichtender Hieb, O- Ton: Ganz anders geht es zu bei den „richtigen“ Jägern.

Womit Herr Moser wohl die Tschuktschen meint. Also diejenigen, die er gerade dabei gezeigt hat, wie sie Grauwale, Walrosse und Robben grausam zu Tode quälen auf eine Weise, die er, wenn er so etwas bei dekadenten europäischen Jägern zu sehen bekäme, sofort zum Anlass nehmen würde, einen neuen Weltkrieg vom Zaun zu brechen. Aber den Tschuktschen hat´s Netz Natur ja erlaubt, alles in Ordnung also.

Aber Fuchsmord in Europa!! Allerdings – ob Moser, unser aller Retter, wohl weiß, dass die Tschuktschen früher jeden erreichbaren Fuchs in keineswegs sofort tötenden Fallen gefangen haben, um sich in deren warme Felle zu kleiden, und dass sie das nur deswegen nicht mehr tun, weil es viel bequemer ist, diese praktischen Daunenjacken anzuziehen, die die Russen jetzt zusammen mit dem Wodka fast umsonst liefern?

Dann geht es zu den nordamerikanischen Indianern. Demonstration der vollständigen Seelenverwandtschaft, der Häuptling darf sich so richtig loslassen in seinem tiefen Respekt vor Natur und Umwelt. Nur dass das eigentlich nicht so richtig den Tatsachen entspricht.

Die Indianer in Nordamerika, Herr Moser, sind bei weitem nicht so dämlich und realitätsfern, wie bestimmte Leute sie in ihrer grenzenlos weltfremden Verdrängungswut gern hätten. Sie (die Indianer) wissen nur zu gut, dass diese Beweihräucherei völliger Quatsch ist. Sie sind eben auch nur Menschen, nicht diese überhöhten, geborenen á priori- Philosophen, zu denen sie andauernd hochstilisiert werden, und sie wissen aus der eigenen Geschichte, wie z. B. die Anasazi vor 800 Jahren, also lange vor dem Erscheinen der Europäer, im heutigen New Mexico durch Raubbau an der Natur ihre Umwelt großflächig und systematisch zerstört haben. (Gleiches gilt, nur im weit größeren Ausmaß, für die Hochkultur der Maya.) Aber sie haben sich auf Euch eingestellt, weil sie gemerkt haben, dass es in ihrem Kampf um späte Gerechtigkeit richtig gute, vor allem völlig kostenlose Riesen- Publicity bringt, wenn sie Euer idealistisches, schwärmerisch- romantisches Utopia bestmöglich bedienen. Tatsächlich aber halten die meisten von ihnen manche Leute für, Entschuldigung, wenn ich offen rede, völlig bescheuerte Volltrottel, denen man einfach alles erzählen kann. Aber der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel: Gerade die nordamerikanischen Ureinwohner haben nach Jahrhunderten der Unterdrückung und des Völkermordes gelernt, dass sich nichts besser verkauft als die berühmte angebliche Rede des angeblichen Häuptlings Seattle von angeblich 1851. Das kommt an in den Medien. Nur – wahrer wird die Rede auch davon nicht.

Woher ich das weiß? Na ja, ich kenne einige von ihnen, ich habe in Amerika, aber auch in Sibirien schon gejagt mit diesen „richtigen“ Jägern. Die regelmäßig voller Bewunderung waren über die effektive Art unseres europäisch geprägten Jagens, über unsere Ausrüstung, gleichzeitig voller Unverständnis über unsere oft genug gezeigte Selbstbeschränkung, wenn wir, für sie nicht nachvollziehbar, einfach nicht mehr weitermachten, wo sie das unter allen Umständen wollten. Wieso jetzt aufhören? Ist doch genug Wild da, Munition auch, also schießen! Der Himmel ist hoch, Moskau ist weit. Und überhaupt: Wenn wir hier die Bestände runtergeschossen haben, ziehen wir zwanzig Kilometer weiter, da ist wieder genug Wild. Mal ehrlich, ganz unrecht haben sie nicht damit – der Luchs z. B. bejagt sein Revier genau nach diesem Prinzip. Wenn das Wild an dieser Stelle gemerkt hat, was los ist, wird die Jagd mühsam, also zieht man eben weiter zur nächsten. Grenznutzentheorie nennt der Betriebswirtschaftler das.

Ja ja, Herr Moser. Aber es ist so schön, den nichtwissenden Zuschauer mit diesem ahnungsschweren Geraune auf die eigene Linie einzustimmen, sie zu überzeugen davon, dass man die Welt in abgeklärter Weisheit völlig durchdrungen hat und sie nachsichtig- verzichtsvoll von der Warte des Über-allem-Stehens betrachtet.

Wie hat ein kluger Mann es einmal ausgedrückt? „Menschen, die asketisch sind (oder das meinen), empfinden sich fast immer als höherwertig. Sie denken, sie seien klüger als andere und ihnen moralisch überlegen. In unserer Gesellschaft, in der die Klassendifferenzen härter werden, in der viele von Abstiegsängsten erfasst sind, ist das extrem attraktiv. Soziale Distinktion wird wichtiger.“ (Robert Pfaller, Professor für Philosophie, Wien). Und der Philosoph Max Scheler hat den schönen Satz geprägt: „Wir sind umgeben von schönen Dingen, die angeschaut werden von lauter traurigen Menschen, die nichts damit anzufangen wissen.“ Mit traurig meinte er damit nicht den Seelenzustand solcher Menschen, sondern den Eindruck, den sie in ihrer Gefühlsarmut, in ihrer Unfähigkeit, die realen Brüche dieser Welt zu ertragen, auf ihre Umgebung machen.

Was ich Ihnen damit sagen will, Herr Moser: Werden Sie endlich locker und machen Sie sich nicht dauernd lächerlich! In nur einer einzigen Sendung von 45 Minuten so viele Widersprüche krampfhaft nur mit dem Mäntelchen des eigenen unausgegorenen, extrem widersprüchlichen Weltbilds zudecken zu müssen ist auf die Dauer einfach nicht auszuhalten. Gehen Sie jagen, dann wissen Sie, worüber Sie reden! Und Sie müssen ja nicht Tiere so quälen wie die von Ihnen so verständnisinnig gefeierten „richtigen“ Jäger. Es genügt, wenn Sie sie schnell und schmerzlos vom Leben zum Tod befördern, wie Millionen von dekadenten europäischen und nordamerikanischen „Hobbyjägern“ das seit vielen, vielen Jahren tun.

Danach können Sie ja dem Reh auch warmes Wasser über den Äser gießen, wie das die Tschuktschen bei ihren jämmerlich ersäuften Seehunden tun, was Sie so verständnisinnig raunend als „Respekt vor der erbeuteten Kreatur“ bestaunen. Sie können dem Bock aber auch den letzten Bissen geben, wie das viele Jäger hier noch tun, und eine kurze Besinnungspause beim Stück machen. Was allerdings, wenn´s der so stilvoll verachtete „Hobbyjäger“ tut, nach Ihrer reinen Lehre eben keine Respektsbekundung gegenüber dem toten Tier ist, sondern nur vorgestriges Getue. Trotzdem, wenn Ihnen danach ist, tun Sie´s einfach – wir „Hobbyjäger“ sind da sehr tolerant. Solange Sie ansonsten die Regeln der Weidgerechtigkeit und die Gesetze einhalten, vor allem keine Tiere quälen wie die „richtigen“ Jäger.

Danach aber sollten Sie sich richtig freuen, vielleicht auch mit Jagdkollegen ein Bier trinken, auch mehrere. Sie glauben gar nicht, wie gut das für die soziale Hygiene ist. Vor allem aber für das ureigene seelische Befinden. Vielleicht sehen wir uns irgendwann einmal bei der Jagd. Ich hoffe nur, dass ich dann nicht in Ihrem Zielfernrohr erscheine……

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

P.S.: Ich bin heute (12.6. 2012) über das antiveganforum zufällig über einen Link gestolpert, der das Thema sehr schön beschreibt, vor allem mal aufzeigt, wie sich die „edlen Wilden“ im Lichte neuerer Forschung darstellen. Wie gesagt, nicht sie selbst haben dieses naive Märchen in die Welt gesetzt, sondern damalige und heutige „Öko- Gutmenschen“, mit dem Ziel, ihren dekadenten unerleuchteten Mitmenschen, vor allem natürlich den Jägern, einmal mehr in die Ecke der eben „Unerleuchteten“ zu stellen. Der Link (unbedingt lesenswert):

Das Märchen vom Edlen Wilden

 

 

 

Die Bleilüge

oder

Bleivergiftung und die toten Seeadler

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Seit einigen Jahren eine never ending story – Auftritt des mit düster- betroffenem Dackelblick schauenden Veterinärs (übrigens immer der gleiche!), der einen toten Seeadler seziert. Die Bilder tun ein Übriges, denn ein toter Seeadler bietet einen jämmerlichen Anblick, nicht entfernt in Einklang zu bringen mit dem stolzen, kraftvollen Anblick des lebenden Tieres, dem Bild also, das man von diesem schönen Vogel einfach im Kopf hat. Dann das geheimnisvolle Geraune – Bleivergiftung!! Woher kann´s kommen? Jäger!! Bleihaltige Munition!! Natürlich fordert er nicht expressis verbis ein Verbot bleihaltiger Munition, nein, so plump ist er nicht, aber zwischen den Zeilen steht es gedruckt, denn alle seine Ausführungen sind so aufgebaut, dass der unbefangene Zuschauer (wir erinnern uns, zu gut 99,5 % Nichtjäger!) gar keinen anderen Schluss ziehen kann, als dass a) nur die Jagd schuld sein kann an der Misere und b) dass zumindest die bleihaltige Munition verboten werden muss. Und das will der so überaus seriös informierte Bürger dann natürlich zwingend, denn ein Seeadlerschutz- Verhinderer will niemand sein; eine andere Alternative aber lässt die perfide Darstellung mental gar nicht zu.

Dass aber so gut wie alle Behauptungen nicht im Geringsten gegengeprüft sind, sondern schlicht nur Behauptungen sind, das wird an keiner Stelle erwähnt. Es ist nämlich keineswegs sicher, dass die verendeten Seeadler ursächlich an erhöhten Bleiwerten eingegangen sind, sondern dass, wenn vorhanden, die höhere Bleikonzentration nur ein Puzzlestein im Gesamtbild der körperlichen Konstitution ist, ein Element von vielen also. Sicher ist, dass die Behauptungen, die tatsächlich gegengeprüft wurden, sich regelmäßig entweder als (bewusst?) falsch erwiesen haben bzw. in der ursprünglichen Form nicht mehr haltbar sind, und dass merkwürdigerweise alle Behauptungen nicht im Entferntesten in Einklang zu bringen sind mit den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit, Statistik und schlichter Logik. Aber wen kümmert´s? Die Botschaft ist in den Köpfen!

Schauen wir uns die Argumente im Einzelnen an.

Unbestreitbar ist im Blut einiger toter Seeadler Blei nachgewiesen worden, was natürlich sofort als „erhöhte Konzentration“ verkauft wurde. Erhöht? Gegenüber welchem Referenzwert dann? Absolut? Relativ? Und was, wenn man ihn dann endlich einmal genannt bekommt, sagt dieser Referenzwert denn aus? Wer hat ihn aufgestellt? Fragen Sie mal einen dieser Experten danach, Sie werden dann beleidigt- arrogant- aggressiv sofort abgemeiert und in die Seeadlerschutz- Verhinderer- Ecke gedrängt und damit wirkungsvoll mundtot gemacht. Und stereotyp heißt es, bis zum Erbrechen wiederholt, denn steter Tropfen höhlt den Stein: Kann nur von der verwendeten Jagdmunition kommen. Denn die von Jägern verwendete Büchsenmunition bei der Schalenwild- Jagd hat einen Bleikern, Schrot besteht bzw. bestand zu 100 % aus Blei. Dies ist einfach dem Umstand geschuldet, dass Blei auf Grund seiner deutlich höheren spezifischen Dichte gegenüber allen anderen Metallen (außer Gold, Uran natürlich) dem Geschoss wegen der damit  möglichen größeren Querschnittsbelastung einen höheren Bewegungsimpuls und damit „Durchschlagskraft“ verleiht, Eigenschaften, die den Forderungen nach der auch gesetzlich angestrebten Soforttötungs- Eigenschaft eines Jagdgeschosses wesentlich entgegenkommen. Manche Büchsengeschosse aber, vor allem die preiswerteren mit einem technisch relativ anspruchslosen Aufbau (nicht „gebondet“, wie das neudeutsch heißt), können im Wildkörper zersplittern, kleinere Stücke sind dann nicht mehr aus dem Wildbret bzw. den Innereien zu entfernen. Da der Aufbruch eigentlich regelmäßig im Wald bzw. der Wildbahn verbleibt, bedienen sich verschiedene „Freibeuter“ wie Fuchs, Dachs, Wildschwein und eben auch der Seeadler an der üppigen und bequemen Nahrungsquelle, und mit dem Aufbruch werden dann natürlich diese kleinen Bleipartikel aufgenommen. Die Jäger und andere Wildbret- Verzehrer essen das Wildbret, haben das seit ewigen Zeiten getan, haben damit nicht aufgehört, als sie anfingen, mit Bleigeschossen zu schießen, bis heute, und es ist noch kein Fall bekannt, dass irgendjemand wegen akuter Bleivergiftung gestorben, geschweige denn am Tisch umgesunken wäre. Und dennoch dient genau dieses Argument als Begründung für die Forderung nach bleifreier Munition. Dass die ersatzweise geforderte Munition mit Geschossen aus reinem Kupfer im starken Verdacht steht, in höherer Konzentration stark toxisch zu sein, von den schlechteren außenballistischen Eigenschaften einmal abgesehen, das sagen wir der Öffentlichkeit nicht, die darf nicht zu schlau gemacht werden.

Und was bei der Diskussion ganz untergeht, sind verschiedene ganz banale Fragen: Warum nur sterben in anderen Landstrichen nicht reihenweise Füchse und Sauen an dieser vermeintlichen „Giftfracht“? Denn in Regionen, in denen es überhaupt keine Seeadler, aber sehr wohl intensive Jagd gibt, ist bisher nicht ein einziger Fuchs, nicht ein einziges Wildschwein, die Wildtiere also, die dort den Aufbruch wegräumen, je an Bleivergiftung eingegangen (in den Gebieten mit Seeadlern übrigens auch nicht, dort werden auch nur Seeadler als „Opfer“ vor die Kameras gezerrt; macht einfach mehr her). Es stellt sich auch die Frage, wie der beklagte angeblich artbedrohte Zustand der Seeadlerpopulation mit dem explosionsartig ansteigenden Beständen gerade der letzten zwanzig Jahre in Einklang zu bringen ist? Wir haben, zumindest in Norddeutschland, mittlerweile die höchste Bestandsdichte an Seeadlern seit Menschengedenken, mit starker Tendenz zur weiteren Verbreitung und Ausdehnung auf bisher noch unbesiedelte Gebiete. Weiter stellt sich die Frage, wie es zu erklären ist, dass dieses Phänomen erst neuerdings auftaucht? Denn seit es bleihaltige Munition gibt, seit immerhin mehreren hundert Jahren, wird diese zur Jagd benutzt, ob als Massivgeschoss oder als Schrot. Unstrittig ist weiter, dass bis zur flächendeckenden Zersiedelung Deutschlands ungefähr um 1950 herum sehr viel höhere Jagdstrecken erzielt wurden als heute, speziell und vor allem bei der Niederwildjagd, also auch der Wasserjagd, mit dem entsprechend sehr viel höheren Bleieintrag durch Munition in die Umwelt. Ganz offensichtlich kamen die Natur und unser Wild aber bis vor kurzem problemlos damit klar. Aber vielleicht folgt das ganze Horrorszenarion ja auch ganz anderen Gesetzmäßigkeiten. Mein Freund Gerhard, Arzt und Jäger (beides sehr!), sagt nämlich dazu: „Das ist wie mit der Medizin. Es gibt keine gesunden Menschen auf dieser Welt, sondern höchstens nicht gründlich genug untersuchte.“ „Le Waldsterben“ lässt grüßen. Nur: Warum dieses ganze Theater? Es drängt sich der Schluss auf, dass, wieder einmal, der Sack geschlagen wird und der Esel getroffen werden soll, und der Esel sind einmal mehr die Jagd bzw. die Jäger.

Denn gehen wir noch einen Schritt weiter, reibt man sich die Augen: Das ursprünglich zum Beweis der Bleivergiftung bei Seeadlern herangezogene Gutachten erwähnt in seiner englischen Grundversion überhaupt keine Bleimunition, sondern ausdrücklich und ausschließlich andere (und sehr viel plausiblere) Ursachen: „The nonessential heavy metals lead (Pb), cadmium (Cd) and mercury (Hg) are emitted and globally distributed mainly through industry, traffic and consumption of fossil fuels.“ In der deutschen Übersetzung aber wird plötzlich von unbekannten Blei- Expositionen gesprochen. Wenn ein Jagdgegner eine solche Steilvorlage bekommt, wird´s regelmäßig auch ein Tor: Die Jäger sind´s, bzw. ihre Munition. Wobei natürlich klar ist, dass das Ergebnis in beiden Fällen das gleiche ist, nämlich eine weitere Einschränkung der Jagd.

Die tatsächlichen Ursachen für das Vorhandensein von Blei in unserer Umwelt sind ganz andere als Jagdmunition, als da nämlich sind:

  • Der Eintrag über Abgase unserer Industrie,
  • die flächenmäßig vorhandene Verseuchung unserer Böden durch das Blei, das noch bis vor ca. 20 Jahren in hoher Konzentration unserem Benzin beigemischt worden ist (zur Vermeidung von Frühzündungen, vulgo „Klopfen“ der Motoren), und das auf diesem Weg in Tausenden von Tonnen in die Landschaft gepestet wurde,
  • das jahrzehntelange Ausbringen von Millionen von Tonnen verseuchter Klärschlämme auf landwirtschaftliche Flächen.

Dieses Blei ist also überall reichlich vorhanden in der (bzw. in unserer) Natur, und es reichert sich in der Nahrungskette zu immer höheren Konzentrationen an, ein ganz natürlicher Vorgang. Ob der Wert am Ende der Ernährungspyramide aber tatsächlich toxisch genannt werden darf, steht nicht nur völlig in den Sternen, sondern darf füglich auch bezweifelt werden. Die modernen Nachweismethoden wie z. B. die Gas- Chromatographie lassen Nachweise von Stoffen noch im Pikogramm- Bereich und feiner zu. Nun wird dann als Belastung z. B. eine Größe von sagen wir 50 Pikogramm Blei pro Kilogramm Körpergewicht angeben. Schrecklich! Der Experte könnte natürlich auch von „50 Billionstel Gramm“ (10-12) sprechen, soviel ist das nämlich; ein Nanogramm, nebenbei bemerkt, ist ein Milliardstel Gramm (10-9). Nur hört dann kein Mensch mehr weiter zu. Weil´s nicht nur völlig harmlos klingt, sondern auch tatsächlich ist. Wenn man dann vorher, wie in Deutschland üblich, einen völlig unrealistischen Grenzwert aus dem blauen Himmel gegriffen hat, sind plötzlich und von heute auf morgen nicht nur die halbe Menschheit, sondern so gut wie alle endpyramidalen Beutegreifer toxisch kontaminiert. Jetzt kommt Panik auf. Und in dieser Panik tritt ein bekanntes Phänomen auf: Es wird hektisch nach einer bisher unerkannten Verseuchungsquelle gesucht, die tatsächliche (rein statistische) Ursache aber, nämlich der willkürlich festgesetzte Grenzwert, steht plötzlich als unabweisbarer Fixpunkt da, wird keiner weiteren Prüfung mehr unterzogen, jahrelang, er ist sozusagen tabu. (Das wird schon in Murphys Theorem zur Beurteilung wissenschaftlicher Ergebnisse beschrieben: In jeder wissenschaftlichen Datenmenge erweisen sich letztendlich immer die Daten als falsch, die man bei Überprüfungen jahrelang für selbstverständlich richtig gehalten hat.)

Und die Spitze der Nahrungspyramide stellen nun einmal die Beutegreifer dar. Diese Bleibelastung, das wird dezent unerwähnt gelassen, finden Sie in jedem anderen Beutegreifer, bis hin zum Menschen, in jedem Fuchs, Hund, Dachs, auch in jedem Seeadler, und nebenbei bemerkt auch bei solchen Menschen, die nie Wildbret, geschweige denn Aufbruch essen. Im Klartext: Jedes Lebewesen in Gottes freier Natur, vor allem in den Industrieländern, auch solche, die nie in ihrem Leben einem Bleigeschoss auch nur in die Nähe gekommen sind, sind bleibelastet!! Von NABU, BUND und Grünen natürlich kein Wort davon, nein, die Jäger und die Jagd sind´s. Früher war das einfach nur ein Reflex im Pawlow´schen Sinne, heute ist es wohlkalkulierte Absicht, aber nach wie vor wirkungsvoll.

Um nun die tatsächliche Ursache der Bleibelastung bei Seeadlern festzustellen (warum eigentlich nur bei denen?), nämlich wahrscheinlich die Aufnahme von durch Abwässer stark bleibelastetem Fisch, vor allem aber die Toxizität dieser Bleibelastung festzustellen, fordern neutrale Stellen weitere Untersuchungen. Aber das wird von den Herrschaften bei BUND und NABU nicht nur nicht verfolgt, sondern sogar abgelehnt, weil viel zu teuer!, und die verbündeten Grünen sorgen dann in den Parlamenten und Ministerien dafür, dass diese Gutachten „aus Kostengründen“ dann auch parlamentarisch scheitern. Oder könnte der wahre Grund sein, dass dann die Prügelknaben Jäger entlastet würden? Honi soit, qui mal y pense. Denn wären als Ergebnis solcher Untersuchungen irgendwelche Fakten zu erwarten, die man der Jagd, den Jägern entgegenhalten könnte, ich wette, diese Gutachten gäbe es längst. Millionen Euro aus Steuergeldern? Ja natürlich, wenn´s der Bewegung dient….

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Kirchveischede, Februar 2012

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Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

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Nachfolgend nur einige der Vielzahl an aufschlussreichen Links bzw. Veröffentlichungen. Ich bin sicher, es lassen sich mit Sicherheit Mengen davon finden, ein Beispiel mehr dafür, wie perfide und verlogen diese Scheindebatte geführt wird.

http://www.wildundhund.de/forum/viewtopic.php?p=35816 (ein Beitrag von 2 / 2005!!)

https://www.enzkreis.de/media/custom/179_4434_1.PDF

http://www.sueddeutsche.de/wissen/umweltverschmutzung-gift-unter-strommasten-1.486899

http://www.umweltprobenbank.de/de/documents/selected_results/16165

http://www.bmu.de/abfallwirtschaft/doc/40230.php

Vorhaltemaß 

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Vorhaltemaß – ein Rätsel? Keineswegs, und die Ermittlung ist kein Hexenwerk, sondern – theoretisch – ziemlich einfach. Das hilft uns zwar bei der Drückjagd wenig; hier ist Praxis Voraussetzung zum Erfolg. Dennoch kann Theorie sehr hilfreich sein, weil sie uns Relationen begreiflich machen kann. Also ermitteln wir das mal – rechnerisch. Was steht uns da zur Verfügung oder, viel wichtiger, was brauchen wir? Zunächst einmal nur drei Werte, nämlich

  • Geschossgeschwindigkeit (Gg)  
  • Zielentfernung (Ze) 
  • Ziel-(Wild-)geschwindigkeit (Zg) 

Damit sind wir im Besitz der Größen, die uns für die nächsten ca. 50 Zeilen weiterbringen. Nachfolgend erst einmal die notwendigen Definitionen und Erklärungen:

  • Gg: Steht auf jeder Patronenpackung, immer in Meter pro Sekunde (m/s); leider nie die Querschnittsbelastung.
  • Ze: Die Zielentfernung ist ein reiner Praxiswert. Da das flüchtige Schwein nun eben nicht stehen bleibt und wartet, bis wir die Entfernung mit dem Maßband ausgemessen haben, müssen wir schnell und richtig schätzen. Entfernungsschätzen kann und muss geübt werden, das geht überall und problemlos. 1) Wird aber meist nicht. Andere Länder sind da weiter. In Schweden z. B. gehört das Entfernungsschätzen, vor allem wegen der dort üblichen Brackierjagd mit der Flinte auf Rehwild, anhand von elektrisch aufstellbaren Wildattrappen zur Prüfung – und wer sich dreimal verschätzt, darf im nächsten Jahr wiederkommen. Darüber kann man denken, wie man will – aber die (schwedische!) Jagd verlangt nun einmal auch Schrot- Schüsse auf sich bewegende Rehe. Und Kugelschüsse auf laufende Elche. Bei uns sind´s Sauen – Waidgerechtigkeit erfordert Jagd nach bestem Können. 
  • Zg: Wieder ein reiner Praxiswert. Gute Schützen beherrschen es – die einen intuitiv, Naturtalent also, die anderen nach ein wenig Übung. Er ist m. E. der ausschlaggebende Wert für den sauberen Schuss. Man kann es sich vereinfachen, wenn man sich klarmacht, wie schnell unser Ziel in gängigen Maßstäben, z. B. in km/ h, ist. Darunter können wir uns etwas vorstellen, sprich, es ist für den Durchschnittsmenschen meist viel einfacher, Geschwindigkeiten in km/ h als in m/s (Meter pro Sekunde) anzugeben. Habe ich diesen Wert erfasst, ist die Umrechnung in andere Maßeinheiten reine Arithmetik – das hatten wir in der Schule. Und wie wir gleich sehen werden, ist die hinreichend genaue Erfassung dieser Werte für den guten Schuss auf Drückjagdentfernung, also meist 30 – 70 Meter, absolut ausreichend. Viele Jäger aber unterschätzen ihren Zentralrechner im Kopf und trauen sich nicht. Zwar in jedem Fall besser, als am lebenden Stück zu üben, aber keine Angst, der leistet mehr, als viele annehmen. Man muss ihm nur das nötige Rüstzeug geben, erst in der Theorie und dann in der Praxis, d. h., auf dem Schießstand. 

Soweit sind wir, die Definitionen sind klar. Jetzt muss eben gerechnet werden. Kollegen haben gefragt: Wie?  

Keine Angst! Es ist wirklich furchtbar einfach, schließlich sind wir ja nicht bei der theoretischen Physik, und Infinitesimalrechnung ist auch nicht vonnöten. Also eines nach dem anderen.

Stellen wir uns folgende alltägliche Situation vor: Jagd, ich stehe am Stand. Ein Stück Schwarzwild wechselt an, flüchtig, breitseitig vor mir her, das Schussfeld ist frei. Es passt also alles, ich entschließe mich zu schießen. Was läuft jetzt alles ab? Ich weiß Folgendes:

a) die Geschossgeschwindigkeit meiner Munition, sagen wir 700 m/s, ein realistischer Wert bei „dicken“ Sauenkalibern;

b) die Entfernung zum Wild, nehmen wir an, 50 Meter.

Jetzt errechnet sich leicht, wie lange das Geschoss braucht, um ins Ziel zu kommen:

50 m / 700 m/s = 0,071429 Sek.

Ich weiß jetzt, dass das Geschoss nach 0,071429 Sekunden im Ziel ist.

Was ich damit aber längst noch nicht weiß, ist, wo sich mein Ziel nach 0,071429 Sekunden befindet!

Das klingt erstmal harmlos: 0,07 Sekunden, was ist das schon? Geht man den Dingen aber auf den Grund, klappt so mancher Unterkiefer: Nehmen wir an, ein flüchtiges Schwein ist 35 km/h schnell. Dann legt es pro Sekunde sage und schreibe 9,72 Meter zurück, in unseren 0,071429 Sekunden also 0,6944 Meter! Das sind 70 cm! Und (grobe) Sauen erreichen im Spurt, bei Stress zumindest kurzzeitig auch 40 – 45 km/h!

Wir wissen jetzt also, dass sich unser Schwein (35 km/h schnell) in der Zeit, die unser Projektil unter den oben genannten Parametern (Gg 700 m/s, Ze 50 m) unterwegs ist, um knapp 70 cm (genau 69,44 cm) weiterbewegt hat, je nach Größe des Stückes also um eine halbe bis dreiviertel Körperlänge! So erklären sich Keulen- bzw.  Weichschüsse, wenn man „mittendrauf“ oder „Vorschlag“ anhält (Ich war doch so gut drauf! Siehe „Vorhaltemaß II“) ; im günstigsten Fall  (für beide!) schießen wir hinter dem Stück ein Loch in den Wald. Man unterschätzt das massiv, vor allem, wenn man (noch) nicht über die nötige Praxis verfügt.

Ich denke, nach all dem kann jetzt jeder den Rechenvorgang nachvollziehen:

(Zielentfernung m / Geschossgeschwindigkeit m/s) x Zielgeschwindigkeit m/s                                                                      

Das Ergebnis ist unser benötigtes Vorhaltemaß in Metern (m).

Die Rechenschritte im Einzelnen:

Zunächst sollten wir alle Maßeinheiten vereinheitlichen. Da Geschoßgeschwindigkeit und Zielentfernung in m/s bzw. m angegeben sind, muß nur die Ziel-(Wild-)geschwindigkeit (Zg) umgerechnet werden (weil, s.o., km/ h ). Auch das sehr einfach:

(Stundenkilometer x 1000)  geteilt durch  (Stunde in Sekunden) *

oder, vereinfacht und um drei Dezimalstellen gekürzt,

Stundenkilometer (km/h) geteilt durch 3,6      =        Meter/ Sekunde (m/s)

(gilt natürlich umgekehrt genauso: m/s  x  3,6 = km/h)

Klingt einfach, nicht wahr? Aber Vorsicht, der Teufel steckt wie immer im Detail. Diese Zahlen setzen voraus, dass sich das Ziel im rechten Winkel vor uns bewegt und wir es breitseitig beschießen. Das passiert aber eher seltener. Je spitzer aber der Winkel zwischen Schützen und weg- oder anflüchtendem Wild ist, desto mehr verkürzen sich Perspektive – und das Vorhaltemaß. Logisch, nicht? Man könnte nun hergehen und die entsprechende Winkelfunktion in die Formel mit einbauen, ein Laptop mit zur Jagd nehmen………

Spaß beiseite. Aber man sieht, Übung ist das halbe Leben. Man tut sich dabei (auf dem Schießstand!) aber wesentlich leichter, wenn man sich die Vorgänge, Zusammenhänge und Größenordnungen vorher einmal rein rechnerisch klar gemacht haben. Das ist der Zweck dieser kurzen Abhandlung.

Für die ganz Harten: 

Machen wir uns den Spaß und rechnen den Beschießungswinkel mit ein, auch das kein Hexenwerk. Wir beschränken uns dabei auf ein Kreisbogensegment von 0 bis 90° (Viertelkreis), an dessen Basispunkt wir stehen. Die Winkel für anwechselndes Wild sind dabei spiegelbildlich auf wegflüchtendes Wild übertragbar. Oder   umgekehrt. Für einen Mathematiker vielleicht eine Zumutung, aber uns reicht´s; wir wollen ja auch lediglich praktisch anwendbare Werte ermitteln. Zur Erinnerung, es gilt die Grundformel:

( Zielentfernung  / Geschossgeschwindigkeit)   x   Zielgeschwindigkeit.

Jetzt schränken wir mathematisch und formeltechnisch die Realität ein wenig ein, um zu umsetzbaren Ergebnissen bei unterschiedlichen Anwechsel- Winkeln zu kommen. Im Einzelnen:

Wild kann, wie bereits oben beschrieben, im exakt rechten Winkel vor uns herziehen oder flüchten. Es befindet sich dann im Winkel von 90°, das heißt, das Stück zeigt uns die „volle Breitseite“. In diesem Fall reicht die oben erstellte Formel. Das ist, wie gesagt, eher selten der Fall. Nehmen wir an, es befindet sich, gleiche Bewegungsrichtung vorausgesetzt, von uns aus gesehen bereits im Winkel von 45°, d. h., es hat die „Breitseitposition“ verlassen und wir schießen hinterher. Oder es wechselt uns an und wir schießen ihm entgegen (s. Grafik).

Dann gilt, wobei wir wie folgt logisch einschränken müssen: Fluchtwinkel ist größer 0 und kleiner/gleich 90°

((Zielentfernung / Geschoßgeschwindigkeit) x Zielgeschwindigkeit) geteilt durch (90°/ Fluchtwinkel Fw°).

Machen wir jetzt einfach mal nur zwei Berechnungen und vergleichen die Ergebnisse:

Ein Überläufer wechselt in 50 Meter Entfernung breitseitig (90°) vorbei, wir schießen die 9,3 x 62 mit dem 19 g – TUG Geschoss, Gg = 700 ms. Das Stück ist ca. 35 km/h (9,72 m/s) schnell. Also gilt:

((50 m / 700 m/s)  x  9,72 m/s)  geteilt durch  (90° / 90°)  =  0,694 m

Wir müssen auf diese Entfernung und mit diesem Geschoss also ca. 70 cm, bei einem schwachen Überläufer also mehr als eine halbe Köperlänge vor Zielpunkt (Blatt) anhalten! Messen Sie das mal bei einem toten Stück nach.

Ändern wir jetzt einfach nur die Entfernung um 20 Meter auf 70 Meter. Dann ergibt sich

((70 m / 700 m/s)  x  9,72 m/s ) geteilt durch (90° / 90°)  =  0,972 m. 

Hier müssen wir also schon einen knappen Meter! vorhalten.

Rechnen Sie sich einfach mal aus, wie das mit einem Flintenlaufgeschoss aussieht bei ca. 450 m/s Geschossgeschwindigkeit. Hier werden die Unwägbarkeiten einfach zu groß, und das ist der Grund dafür, dass der Einsatz des FLG meiner Meinung nach auf max. 35 Meter beschränkt bleiben sollte.

Entsprechend verkürzt sich das Vorhaltemaß, wenn wir einem Stück im Anwechsel- Modus entgegen- bzw. während des Wegflüchtens hinterherschießen. Nehmen wir an, der Winkel hat sich für uns von 90°(Breitstellung) auf 45° verkürzt. Dann gilt

((70 m / 700 m/s) x 9,72 m/s)  geteilt durch  (90° / 45°)  =  0,488 m.   

D. h., hier müssen wir nur noch die Hälfte, nämlich ca. 50 cm (genau 48,75 cm) vorhalten. Allerdings müssen wir bei einem solchen Schuss dafür präziser abkommen, weil sich durch die Winkelverkürzung der Trefferbereich für uns perspektivisch verkleinert. In jedem Fall müssen wir uns in der Anatomie des Wildes auskennen, um wirklich gute Kammertreffer mit Herz- und Lungenschüssen aus diesen Winkeln zu setzen.

Man sieht aber, Mathematik kann spannend sein, vor allem nützlich. Auch bei der Jagd. Übrigens: Das oben ermittelte Vorhaltemaß ist als absolute Größe gültig für jedes Zielobjekt, egal ob 0,70 oder 1,25 m lang! Das macht die Sache in der Praxis ein wenig schwieriger, und zwar bei den kleineren Stücken, weil unser „Zentralrechner“ dazu neigt, diese Größe in Relation zur Körperlänge des Ziels zu setzen. Im Klartext: Bei kleinen Sauen besteht die Tendenz, zu wenig vorzuhalten!

Nochmals: Es nützt uns gar nichts, wenn wir bei der Jagd das Rechnen anfangen wollen. Die vorliegende Ausführung dient ausschließlich dazu, die Dimensionen und Zusammenhänge einmal transparent zu machen. Wenn wir aber auf der Grundlage zu üben beginnen, kommen wir viel schneller zu jagdtauglicher Schießfertigkeit, als wenn wir die ersten 100, 150 frustrierenden Schüsse am laufenden Keiler vorbeijagen. Und viel preiswerter ist es dazu, nicht jeder ist Wiederlader.

Wer ein wenig selbst rechnen möchte: Es gilt immer: Winkel größer 0 und kleiner / gleich 90°; wenn Sie hier 0 oder keinen Wert eingeben, streikt der Rechner (Division durch null!). Wenn Sie neu eingeben wollen, einfach den Zurück- Button benutzen. Viel Spaß!

Zum Schluß einige Zahlen zum Tempo unseres Wildes (s. auch Erklärung unten):

                                                                           km/h                m/s

grobe Sau, hoch flüchtig                                     45                  12,50

grobe Sau, eiliger Troll                                       25                    6,94

Überläufer, hochflüchtig                                      40                  11,11

Überläufer, eiliger Troll                                       20                    5,56

Rotwild, hochflüchtig                                           45                  12,50

Rotwild, Troll                                                       25                    6,94

Damwild, hochflüchtig                                         45                  12,50

Damwild, Troll                                                     25                    6,94

Muffel, hochflüchtig                                             40                  11,11

Muffel, Troll                                                          20                    5,56

Rehwild, hochflüchtig (beschießen wir nicht!)    45                  12,50

Elchwild, hochflüchtig (selten)                            50                  13,89

Elchwild, Troll                                                      40                  11,11

Diese Tempo – Angaben erheben nicht alle Anspruch auf unumstößliche Wahrheit, einige Zahlen sind von mir geschätzt. Für Korrekturen von berufener Seite bin ich dankbar. Leider gibt es in der einschlägigen Literatur nur wenige Angaben dazu, zumindest habe ich keine gefunden. Sollte man einmal anstoßen.

 

Kirchveischede, 12. August  2010

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Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

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* 60 Minuten x 60 Sekunden = 3.600

1) Eine furchtbar einfache Methode ist die: Wenn Sie unterwegs sind, Spaziergang reicht, peilen Sie einfach verschiedene Landmarken, Bäume, Sträucher an, an denen Sie gleich vorbeikommen werden. Dann schätzen Sie, wie weit die wohl entfernt sein könnten. Anschließend zählen Sie einfach die Schritte. Sie werden erschüttert sein, wie erbärmlich schlecht die ersten Ergebnisse sind. Und sich wundern, wie schnell die sich verbessern. Um das Ganze dann perfekt zu machen, testen Sie das auch bergab und bergauf. Da gibt´s nämlich auch Verzerrungen in unserem Zentralrechner, auch die sind mit simpler Übung leicht zu korrigieren. Man hat nicht immer, vor allem dann meist nicht, wenn´s drauf ankommt, den Laser- Messer dabei. 

 

P.S.: Nach vielfachen Anfragen hier der Hinweis, dass es vielleicht Sinn macht, meine Ergänzung zu diesem Beitrag vom 15.12.2015 (Vorhaltemaß II) zu lesen. Ich erhalte viele Anfragen zum horizontalen Bewegungsimpuls des Geschosses, die werden da beantwortet. Danke übrigens für Ihr Interesse!!




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DJZ 2/2010, Artikel „Einzige Form der weidgerechten Jagd“

Herr Betz hat eigentlich in seinem Kommentar schon das Wesentliche gesagt, trotzdem noch einige Worte.

Schon der Spiegel brachte 2008 einen Artikel zu dem Thema mit dem sinnigen Titel „Zack, bums –  und tot“ (Spiegel 43/ 2008). Interviewt wurde damals ein Herr Gratz, der in ein ähnliches Horn stieß wie unser Herr Himmelstoß; also „im Westen nichts Neues“. Tenor damals: „Jagd mit der Büchse ist etwas für Gamsbartjäger (ich übernehme den Ausdruck im Folgenden, weil er m. E. den elitären Anspruch auch des Herrn Himmelstoß gut wiedergibt), die mit ihrer dekadenten Kugelspritze auf 200 Meter hinlangen, kaum aus eigener Kraft einen Hochsitz hoch kommen“ und ähnliche Ergüsse mehr. U. a. wurde damals auch die Durchschlagskraft eines Pfeils mit einem Schuss auf einen mit Sand gefüllten 10- Liter- Eimer demonstriert (Durchschuss), während ein Schuss mit einer 30-06 zwar gewaltigen Impuls in den Eimer brachte, aber (natürlich!) keinen Ausschuss erbrachte. Der Spiegel-  Journalist aber war erwartungsgemäß beeindruckt. Ich habe damals einen Leserbrief geschrieben, mit, ich gebe es zu, ein wenig Nachhilfe in Physik, der aber nicht veröffentlicht wurde, das war wohl zu peinlich.

Damit ich nicht falsch rüberkomme: Ich persönlich habe absolut nichts dagegen, wenn jemand sein Wild nach alter Väter Sitte erlegen will, was immer man darunter versteht, solange das im Rahmen der geltenden Gesetze und ohne Quälerei für das Wild geschieht. Eines ist Fakt: Ob Bogenschuss oder Büchsenschuss, das Ergebnis, sauber und mit Verantwortung ausgeführt, ist hier und da das Gleiche, nämlich Beute. Was mich aber bei diesen „Experten“ immer auf die Fichte bringt, ist die demonstrative Beschlagnahme der Weidgerechtigkeit und des Naturerlebens für sich allein. Nur weil die Bogenjagd eine alte Jagdtechnik ist? Damit kann ich auch dienen: Eine sehr beliebte und vom Ergebnis her außerordentlich effektive Jagdgewohnheit unserer sehr Altvorderen war zum Beispiel, ganze Wildrudel über steile Klippen zu treiben. Das schlumpte. Und tot waren sie auch, zumindest fast alle. Das könnte man ja heute auch einmal wieder probeweise einführen.

Vor allem sollte man aber das Salbadern über „Fairness“ unterlassen, man begibt sich damit auf ganz dünnes Eis. Fairness in diesem Sinne, auf die Spitze gebracht, würde bedeuten, Wild mit unmittelbarem Körperkontakt und nur durch eigene physische Überlegenheit zu erbeuten, ohne jedes weitere Hilfsmittel, wie das zum Beispiel Katze, Wolf und Bär tun. Vor allem auch ohne jedes körperfremde Hilfsmittel, also nur mit eigener Kraft, mit eigenen Zähnen und Krallen. Dazu war weder der Urmensch in der Lage noch wird Herr Himmelstoß das je können. Menschliches Jagen war wegen unserer vergleichsweise mangelnden körperlichen Eignung von Beginn der Zeiten an nur durch unsere Intelligenz und, wenn sie so wollen, Tücke möglich. Aber keine andere Eigenschaft macht die Jagd auch nur annähernd so effizient wie sie, denn auch der primitivste Flitzebogen ist ein Ergebnis dieser Tücke oder Intelligenz. Wir sind die einzigen Jäger, die in der Lage sind, auf Distanz zu Beute zu machen. Sind 20 Meter dann weniger tückisch, sind sie fairer als 100 Meter?

Der von Ihnen auf zugegeben subtile Weise abgewertete Gamsbart- Jäger hat aber im Gegensatz zum reinen Spaßmach- Jäger bei uns noch eine gesetzliche Vorgabe zu erfüllen, nämlich seinen Abschuss. Ich lade Sie einmal ein, mit Ihrem Compound- Bogen auch nur in einem durchschnittlich großen Revier innerhalb der vorgegebenen Jagdzeiten den Abschuss zu erfüllen. Danach reden wir dann noch einmal über das Thema – aber erst, wenn der Gamsbart- Jäger Ihren versäumten Abschuss nachgeholt hat. Ich will damit sagen, dass unsere heutige moderne Jagd ohne die Bogenjagd ihrer gestellten Aufgabe sehr wohl gerecht wird, die reine Bogenjagd ohne die, nennen wir sie Büchsenjagd, das aber nie wird leisten können, aus nachvollziehbaren Gründen.

 Also: Spaß und überhebliches Getöse machen ist das Eine. In dieser so geregelten Welt aber, neben aller Passion und Freude am Jagen, auch die Tagesarbeit zu erledigen, das Andere. Einfach den Ball flach halten, Herr Himmelstoß, und jagen gehen. Jeder nach seiner Facon, alle weidgerecht. Und wenn Sie meine Unterstützung brauchen, die Bogenjagd als wohlgemerkt zusätzliche Jagdart mit entsprechender vorheriger Qualifikation zu legalisieren – die haben Sie. Ich kann ja weiter meine Büchse nehmen. Wenn Sie erlauben.

Waidmannsheil!

Kirchveischede, Februar 2010

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

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Die Jagd an sich

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Zitat: Jagd ohne tiefe Liebe zur Natur, ohne Kenntnis um und dauernde Neugier auf die Zusammenhänge des uns umgebenden Lebens, ohne Einfühlung in die Welt unseres Wildes, ohne Überlegung und Selbstreflexion, ohne Bewusstsein über die Auswirkungen unseres Tuns, ohne Freude an der Schöpfung oder Natur an sich, ist keine Jagd, jedenfalls nicht so, wie sie nach allgemeinem Verständnis begriffen wird. Es ist bloßes Töten.

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Jagd bedingt Töten und verursacht dadurch bei gefühlsmäßig „normal“ veranlagten Menschen oft Konflikte. Einerseits empfindet man tiefe Befriedigung bei der eigentlichen Tätigkeit, andererseits mündet das Ganze zwingend darin, dass man irgendwann töten muss, um einen Abschluss zu finden. Weil niemand eigentlich gern tötet, erklären wir darum die Jagd mit der Notwendigkeit, die Wildbestände zu regulieren, weil die natürlichen Beutegreifer nicht mehr da sind – und, zumindest ein Teil von uns, wehren uns mit Händen und Füßen gegen deren Wiederansiedlung. Man sieht, der Trieb ist stark ausgebildet, und die Widersprüche sind groß..

Wie durchgängig dieses Dilemma aber auch und gerade auch bei „Natur“- Völkern empfunden wird, ist bei Ethno- bzw. Ethologen abzufragen. (Interessante Frage am Rande: Wie definiert man „Naturvolk“?) Die Angehörigen vieler ursprünglicher Jägerkulturen sind fest davon überzeugt, dass jede sie umgebende Kreatur, auch jede Pflanze, jeder Baum, ja jeder Stein vom Schöpfer mit Seele ausgestattet ist, sie damit Mitgeschöpfe in des Wortes reinster Bedeutung sind. Auch wird zwischen dem Begriff Mitgeschöpf und Artgenosse vielfach gar nicht trennscharf unterschieden, man beachte das Totemsystem der nordamerikanischen Indianer, die Grenzen verschwimmen: Der Clan der Raben hier, der Clan der Wölfe, der Biber, der Karibus da. Keinem Jäger würde es einfallen, sein eigenes Totemtier zu töten, es wäre ein Sakrileg. Auf der anderen Seite hat er aber kein Problem damit, wenn sein Nachbar, der zum anderen Totem- Clan gehört, dies tut, vorausgesetzt, gewisse grundsätzliche Regeln werden eingehalten.

Vieles spricht dafür, dass es diese Vorstellungen auch bei unseren Altvorderen gab. Damit greift aber auch die Tötungshemmung, die jeder (menschlichen) Kultur gegenüber Mitgeschöpfen inhärent ist. Andererseits hängt das Überleben von der Jagd bzw. vom Jagderfolg ab. Um dieses wahrhafte Dilemma zu lösen, findet man, vor allem bei den Jägervölkern des Nordens, erstaunlich übereinstimmend oft folgenden Mythos, der als sehr real angesehen wird und im täglichen Leben streng befolgt wird:

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Der Schöpfer (Gott, der große Geist, etc.) hat alles geschaffen, also auch alles Jagdwild und alle Jäger – Bär, Wolf, Luchs, Mensch. Also kann Jagd an sich nicht gegen die Weltordnung verstoßen, denn sie ist ja vom Schöpfer gewollt, sie ist für einen Teil der Schöpfung lebensnotwendig und somit ein logischer Bestandteil des Schöpfungsaktes. Da alle Lebewesen beseelt sind und damit Bewusstsein haben, folgt daraus, dass Beutetiere wissen, dass sie getötet werden (können). Implizit folgt daraus, dass seine mögliche Tötung durch Beutegreifer (Jäger) vom Beutetier einfach als gegeben wahrgenommen wird, als Bestandteil der realen Welt, völlig wertneutral. Das wird in diesen Vorstellungen deswegen akzeptiert, weil das Beutetier darauf vertraut, dass sein Jäger die Regeln einhält und es damit im Kreislauf der Schöpfung wiedergeboren werden kann. Um das zu dokumentieren und zu sichern, werden vom Jäger gewisse rituelle Regeln eingehalten. Für das Beutetier ist damit die Wiedergeburt gesichert, die ja von existenzieller Bedeutung ist, für den Jäger bedeutet die Einhaltung dieser Rituale, dass seine Ernährungsbasis, der Wildbestand, erhalten bleibt und er seine Unschuld gegenüber der Schöpfung nicht verliert.

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Folgen auch wir (modernen) Jäger nicht tief unterbewusst diesem Gedanken? Wie anders lässt sich manches Brauchtum erklären, wie letzter Bissen, Totenwache? Dass es z. B. schon in der Steinzeit Jagdrituale gab, belegen eindrucksvoll die Weltkunstwerke der zahlreichen eiszeitlichen Höhlenfunde vor allem in Frankreich und Spanien. Hier ist belegt, dass diese Beschwörungsrituale uralt sind und vor allem, sich über eine ganz erstaunlich lange Zeit, nämlich von ca. 35.000 bis ca. 10.000 v. Chr. erhalten haben. Wir erinnern uns: Erfindung des Ackerbaus vor ca. 10.000 Jahren im Nahen Osten, Mitteleuropa wurde sogar erst ca. 3.000 Jahre später erreicht. Das sind immerhin 25.000 bzw. 28.000 Jahre!!, ein an sich unvorstellbarer Zeitraum, wenn man bedenkt, dass unsere belegbar überlieferte Kulturgeschichte bei allergrößtem Wohlwollen gerade einmal auf ca. 4.000 Jahre zurückblicken kann.

Hier wurde, nach aller jetzigen wissenschaftlichen Erkenntnis, Jagdzauber betrieben, im metaphysischen Sinn; eine übergeordnete, unfassbare Macht wird um Beistand gebeten. Vielleicht liegt in diesen Gedanken auch der Keim zum Glauben an die Wiederauferstehung bzw. ewige Wiedergeburt allen Lebens, der Keim zum Glauben an das Paradies. Denn wäre Jagd schlecht oder verstieße sie gegen die Weltordnung, wäre der Schöpfer nicht vollkommen, da er  Jagd und damit Jäger ja geschaffen hat. Wie anders als durch die Wiedergeburt oder die Unsterblichkeit kann ich aber der zu tötenden, beseelten Beute Genugtuung verschaffen bzw. deren Tod als bedeutungslos erscheinen lassen? Ist Religion, zumindest der Glaube an die Wiederauferstehung oder Wiedergeburt, damit eine Folge unserer Natur als Jäger? Entstand sie mit der Fähigkeit zur gedanklichen und logischen Erkennung und Verarbeitung dieses Dilemmas? Faszinierende Fragen. Aber sie liegen auf der Hand.

Denn eines ist sicher: Der Mensch bzw. Vormensch war bereits seit Urzeiten Jäger, wahrscheinlich lange bevor er die geistigen Fähigkeiten erlangte, religiöse und ethische Vorstellungen zu entwickeln. Naturreligionen akzeptieren die Jagd als selbstverständlichen Bestandteil ihrer Umwelt. Abgesehen vielleicht vom tief transzendenten, von keiner Naturreligion als Vorläuferin beeinflussten Buddhismus tun das alle Religionen, bis zur cluniazensischen Kirchenreform auch das Christentum. Erst danach begann eine kritische Betrachtung der Jagd, aber lediglich als Ablehnung der Jagdausübung durch den (höheren) Klerus, und zwar gedacht als bewusster Verzicht auf eine natürliche Verhaltensweise, so wie z. B. auch der Zölibat, beides mithin ein Teil  der mönchischen und klerikalen Askese. Mit wenig Erfolg, die passioniertesten Jäger des Heiligen Römischen Reiches waren bis zuletzt dessen (Fürst-) Bischöfe und (Reichs-) Äbte. Man sieht, der Trieb ist stark ausgebildet.

Heute ist diese Ablehnung im Wesentlichen irrational begründet durch die fast vollständige Entfremdung und Abkoppelung des Menschen zumindest im westlich orientierten Kulturraum von fast allen natürlichen Regelkreisen. Damit ist eine eigentlich paradoxe Umkehrung zu beobachten, nämlich der Versuch, die (fast) ewige Natur und ihre uralten Regelkreise mit einseitig kulturell begründeten, mithin äußerst kurzlebigen, kurzfristigen Wertvorstellungen nicht nur erklären, sondern sogar regulieren zu wollen. Gleichzeitig wird der Mensch in diesem Weltbild komplett aus dieser Welt herausgenommen, als Akteur ausgeschlossen; man kann sagen, er findet nicht mehr statt in Natur und Umwelt. Das halte ich eigentlich für die krasseste, verstörendste Art des Selbsthasses, der gewollten eigenen Ausgrenzung, die ich mir vorstellen kann.

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Kirchveischede, 11. Mai 2012

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Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

 

„Naturschutz“ und Wildbewirtschaftung

oder

Oostvaardersplassen – wie man auf Kosten des Wildes und des Steuerzahlers seine Ideologien auslebt

Der Naturschutz bzw. die unter dieser Flagge segelnden Verbände und Vereine mischen seit vielen Jahren mit in allen Lebensbereichen. Vor allem sind sie ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt durch ihre stramme Anti- Jagd- Haltung um jeden Preis. Da wird diffamiert, gepöbelt, lamentiert, getäuscht und getrickst, und zwar mit allen Mitteln. Der Zweck heiligt sie. Sie haben es weit damit gebracht, haben teilweise auch bei uns schon Lufthoheit in der öffentlichen Meinung in dieser Debatte, einfach, weil man ihnen wirklich unterstellt, sie wollten etwas Positives bewirken. Wohin wir kommen, wenn wir nicht bald die Notbremse ziehen, zeigen uns die Zustände in unserem Nachbarland Niederlande.

Weil nach meinungsbildender Ansicht ihrer „Naturschutzverbände“ Jagd unethisch ist, ist sie dort weitgehend unterbunden. Unsere holländischen Zunftgenossen sind, wollen sie wirklich noch unter zumutbaren Umständen jagen gehen, gezwungen, ins benachbarte Ausland auszuweichen, meist zu uns, oder sich auf einige wenige Wochen im Jahr zu beschränken, nämlich auf eine Jagdreise ins Ausland. Jagd in Holland ist auf Grund der hirnrissigen Gesetzgebung so gut wie unmöglich gemacht worden, Jäger haben grundsätzlich den Status von Mördern. Und alles ist gut, Gott, was sind wir doch für ein tolerantes Land, sogar gegenüber unseren Wildtieren. Ja man hat es sogar möglich gemacht, in einem Land mit einer der höchsten Bevölkerungsdichten der Welt, verhältnismäßig große so genannte Wildschutzgebiete einzurichten. Die natürlich nicht von Jägern bewirtschaftet werden, diesen neandertaloiden, mitleidslosen Kretins, sondern vom Naturschutz gemanagt werden. Denn die wollen schließlich nur das Beste. Wirklich? Ich bin da immer sehr misstrauisch, und schon Tucholsky ist sehr schnell zur Erkenntnis gekommen: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.

Denn es wurden in letzter Zeit katastrophale Zustände in den so genannten „Schutzgebieten“ dokumentiert und öffentlich gemacht, die vom NABU und verwandten Organisationen unter dem alles erschlagenden Mäntelchen der natürlichen Unberührtheit bzw. mit dem Ziel eines sich selbst entwickelnden natürlichen Gleichgewichts betrieben werden. Dass sie überhaupt bekannt werden, ist nicht etwa kritischer Recherche geschuldet, sondern einer umwerfend naiv- dummen und willfährigen Übernahme der Vorstellungen dieser Gruppierungen durch große Teile unserer Medien, einer stillschweigenden Komplizenschaft, denn die angesprochene Sendung war ursprünglich als reiner Image- Beitrag für den Betreiber und die Idee dieses Gebietes gedacht – ein schlagender Beweis dafür, wie realitätsfern in ihrer gottgleichen Abgehobenheit diese Leute mittlerweile geworden sind! Man findet absolut nichts dabei, wenn unter der Regie solcher „Naturschutzverbände“ in diesen „Schutzgebieten“, die mit Konik- Pferden und Cerviden (Rot-, Damwild, Rehwild) besetzt sind, wegen katastrophaler Überweidung Tiere en masse an Hunger verrecken, nur um irgendwelchen Ideologen auf Kosten des Wildes die Möglichkeit zu geben, ihre Utopien ausleben zu können. Dokumentiert wurde das in der Sendung „Serengeti hinterm Deich“, Das Leben der Huftiere in Oostvardersplassen, hergestellt von Gerd Weiss im Auftrag des WDR, erste Aussendung 2008: 600 Konikpferde, 800 Heck- Rinder als so genannte Auerochsen und 1.200 Stück Rotwild, Rehwild wird nicht erwähnt, auf angeblich 5.700 ha Fläche. Wobei diese Zahl sofort ihren Charme verliert, wenn man weiß, dass von den 5.700 ha ca. 3.500 ha Wasserfläche sind. Aber zumindest verdursten können die Tiere ja nicht. Verbleiben als Lebensraum für Pferde, Rinder und Rotwild also ganze 2.200 ha, umgerechnet auf Jagdpachtverhältnisse also ca. 4 durchschnittliche Jagdreviere. Zu den Großsäugern kommen, als unmittelbare Nahrungskonkurrenten, Heerscharen an Flugwild, vor allem riesige Mengen an Gänsen. Wobei die es einfach haben: Sobald alles mit ihrer Hilfe bis auf die Bodenkrume abgeweidet ist, verstreichen die, weil sie eben fliegen können. Pferde, Rinder und Hirsche haben aber keine Shuttle- Dienst zur Verfügung, dazu sind die Holländer zu knauserig. Zugefüttert wird nicht. Also: Dableiben und verrecken. Wenn ein Landwirt auf 2.200 ha einen derart großen Bestand an Großvieh halten würde, wenn vier Jagdpächter auf der gleichen Fläche einen solchen Wildbestand „hegen“ würden, dazu noch ohne Fütterung, würde man ihnen, völlig zu Recht,  sofort den Betrieb schließen bzw. die Pachtverträge kündigen und sie unter tosendem Beifall des NABU ebenfalls völlig zu Recht wegen Tierquälerei umgehend vor Gericht stellen.

Ich habe schon einiges an bis auf die Graswurzeln heruntergefressenen Weiden gesehen, aber was da völlig ungerührt vom Leiter dieses „Naturschutzgebietes“ gezeigt und vorgeführt wurde, das schlug dem Fass den Boden aus. Eine bezeichnende Szene zeigt, wie ein Mitarbeiter des Schutzgebietes ein vor Hunger zusammengebrochenes, ihn aus seinem Schlammloch aufmerksam anblickendes Rind mit dem Gewehr bis auf 20 Meter angeht (von vorn natürlich, das Tier hat ja keinen Stress, weil es ja weiß, dass da kein Jäger, sondern ein gut meinender Naturschützer kommt) und es frisch, fromm und frei totschießt. Freimütig wird erzählt, dass dieses Tier schon vor Tagen eingebrochen ist und man es hat liegen lassen, wohlgemerkt bewusst, kommentiert mit dem Hinweis, in der Natur könne in einem solchen Fall auch niemand helfen. Wohl wahr, aber in der Natur kommt es erst gar nicht dazu, dass Tiere verhungern, zumindest nicht unter unseren klimatischen Bedingungen, weil Wildtiere unter natürlichen Bedingungen die Möglichkeit hätten, abzuwandern und / oder weil hier die Jagd, ob durch tierische oder menschliche Beutegreifer, regulierend eingreifen würde und ein solches Szenario, wie es in diesen „Schutzgebieten“ zu beobachten ist, überhaupt nicht entstehen ließe. Denn käme es in der – realen – Natur tatsächlich zu einem solchen Szenario, wären sehr schnell Großräuber zur Stelle und würden das Drama ebenso schnell beenden.

Mit der gleichen Ungerührtheit wird hingenommen, dass auch Rotwild im Winter in Mengen verhungert. Und der Sprecher in diesem Sendebeitrag, scheinbar hoch beglückt über dieses tage- und wochenlange Verrecken, deklamiert, dass ein Jäger jetzt karrenweise Futter ins Revier bringen würde, hier könne das Wild aber in Würde und natürlich sterben! In würde sterben! Das hier ist keine Satire! Sancta simplicitas! Seit wann ist verhungern ein „würdiger Tod“? Machen Sie doch mal eine Umfrage bei den betroffenen Tieren, was denn nun würdevoller oder angenehmer ist, wochenlanges Verrecken an Hunger und damit einhergehenden Krankheiten oder ein Sekundentod durch einen Jäger – was glauben Sie, würden die antworten? Verständnisvoll wird kommentiert, dass, wo gehobelt wird, eben Späne fallen; irgendwann werde sich dies schon einpendeln zu einem natürlichen Gleichgewicht. Ja wie denn, ohne Groß- Beutegreifer? Jagd findet ja offensichtlich als Ausgleich dazu nicht statt. Das Ganze wird im Übrigen fast vollständig mit Steuergeldern finanziert.

Wenn es für sich selbst gehen soll, ohne menschliche Jagd, in Ordnung, denn das geht ohne Frage. Dann macht es aber konsequent wie die Amerikaner, da kann man viel lernen, z. B. im Yellowstone National Park. Da gibt´s nämlich Wölfe und Bären und Luchse (die die Holländer in ihrer Puppenstube natürlich nicht haben wollen, die könnten ja beißen, und so weit geht die Naturliebe natürlich nicht). Da verhungert kein Tier und wird dabei mit wohligen Wohnzimmerschauern über die gnadenlose Natur auch noch gefilmt. Lange bevor es langsam an Hunger oder Krankheit verreckt, wird es erbeutet, es stirbt relativ schmerzlos, auf jeden Fall aber schnell, und dient damit anderen Tieren zum Überleben. Da gibt es deswegen auch keine Überpopulationen und keine völlig blank gefressenen Landstriche. Aber die Amis sind eben auch realistische Naturfreunde, vor allem sind sie keine militanten Jagdgegner, weil sie wissen, dass auf Jagd in menschenbesiedelter Kulturlandschaft gar nicht zu verzichten ist, will man die hier zwangsläufig gestörten Systemabläufe einigermaßen austarieren. Mit anderen Worten: Sind keine Groß- Beutegreifer da, muss durch Menschen gejagt werden. Vor allem aber ist die Jagd für Amerikaner eine völlig umweltkonforme Ressourcennutzung. Wenn man das nicht will, muss man von größeren Beständen an Huftieren und Paarhufern eben Abstand nehmen. Ideologisch fehlgesteuerter Amateur darf man zwar sein, schließlich leben wir in freien und demokratischen Gesellschaften, aber nur so lange, wie man durch seine fehlgeleitete Gefühlsduselei sonst niemandem schadet. Wenn aber unsere Viecher das auszubaden haben, die keine Möglichkeit haben, auszuweichen oder sich zu wehren, dann nenne ich das nicht fahrlässig, nicht zwar gut gemeint, aber eben nur dämlich, nein, dann nenne ich das kriminell.

In die gleiche Reihe gehören die Pläne zur Regulierung der Wildgansbestände: Erst unter dem Druck des „Naturschutzes“ von der Jagd ausgenommen, wuchsen die Bestände rasant an, mit den Folgen, die bereits bei Unterschutzstellung exakt vorausgesagt wurden. Nachdem die wachsenden Schäden dann nicht mehr tragbar waren, kam Druck durch die wirklich Geschädigten auf. Ein normal denkender Mensch würde jetzt fragen: „Wo ist das Problem? Geben wir wieder die Jagd frei.“ Weit gefehlt, nicht in Holland wie wohl nirgendwo, wo der „Naturschutz“ regiert. Völlig außer Rand und Band geraten wird ernsthaft zur Diskussion gestellt, die Tiere en masse einzufangen (Lebendfang), in Kisten zu sperren, zu Sammelplätzen zu bringen und dort zu vergasen. Tröröö!! Die Jagd wieder zulassen? Um Himmels willen, undenkbar, das hieße ja Fehler einzugestehen, und ideologische Positionen sind nun einmal, auch gegen jede Vernunft, mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Die Öffentlichkeit könnte ja bemerken, dass eine erkleckliche Anzahl nach und nach entstandener, mit Steuermitteln ordentlich bezahlter Pöstchen schlicht überflüssig sind, dass man die Regulation nicht nur umsonst haben kann, sondern darüber hinaus über Jagdabgaben noch veritable Einnahmen erzielen könnte und dass man, der Gipfel, auf diesem Wege auch noch wertvolles Wildbret erhalten könnte. Der Gänsepopulation an sich ist es völlig egal, wie der jährliche Blutzoll zu entrichten ist, so lange die Spezies an sich nicht im Bestand gefährdet ist; dem Individuum gegenüber ist nichts so erbarmungslos wie die Natur. Wenn nicht, egal durch wen, gejagt wird, reguliert sie die Bestände durch Infektionen und Seuchen, im schlimmsten Fall durch Verhungern. Nun sieht es ja nicht gerade schön aus, wenn Touristen in den Dünen auf einmal massenhaft verreckte Wildgänse sehen, das ist einmal dem Image, zum anderen dem Fremdenverkehr abträglich. Also lassen wir uns etwas einfallen: Anti- Baby- Pillen verweigern die Viecher. Jagd geht nicht, das wäre die Insolvenzeröffnung über das eigene ideologische Denkvermögen. Also einfangen und vergasen. Ohne Spaß, das wurde gemacht!! Man fasst sich an den Kopf: Leute, die das Desaster gegen vielfältige Warnungen verursacht haben, haben nach wie vor Meinungshoheit bei der Debatte, wie die Misere behoben werden soll, und der Bürger, der diesen Nonsens und diese Tierschinderei bezahlt, lässt sich tatsächlich auch noch den größten Schwachsinn aufdiktieren. So kann man sich selbst entmündigen. Das ist, als hätte man Hermann Göring in Nürnberg zum Vorsitzenden eines Auschwitz- Wiedergutmachungs- Fonds gemacht. Oder, um es mit Albert Einstein zu sagen: Man kann ein Problem nicht mit den gleichen Denkstrukturen lösen, die zu seiner Entstehung ursächlich waren!

Der gleiche Gutmensch- Journalist, der ähnliche Missstände z. B. in einem vom DJV bewirtschafteten Jagdrevier filmen würde, würde (völlig zu Recht) ein derartiges Fass aufmachen, einen derartigen medialen Aufstand entfachen, dass die russische Revolution sich dagegen wie ein Halmaspiel ausnehmen würde. Aber hier? Ist ja gut gemeint, ist ja nur der Naturschutz. Was hier passiert ist und passiert, ist ein klassischer Fall von Gehirnwäsche: Die hier berichtenden Journalisten haben tatsächlich komplett die völlig verkorksten Denkstrukturen dieser Leute übernommen, so sehr, dass sie längst nicht mehr sehen können, wie völlig schief dieses Weltbild ist. Wenn das vereinzelt und bei Leuten ohne „eingebauten“ Multiplikationsfaktor passiert, kann ein System das verschmerzen; aber hier handelt es sich um Menschen, die ja von Berufs wegen ein Höchstmaß an Fähigkeit zur kritischen Betrachtung der Dinge und Durchblick für sich in Anspruch nehmen oder das zumindest sollten. Wie wäre es, meine Damen und Herren, mit tatsächlicher Objektivität? Wie wäre es damit, diese Skandale einmal öffentlich zur Diskussion zu stellen, sie kritisch zu hinterfragen, ja sich überhaupt einmal dazu zu bequemen, sie zur Kenntnis zu nehmen? Wie wäre es damit, diese selbstgerechten, völlig aus dem Ruder gelaufenen Naturschutz- Apostel wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen, z. B. bei der haarsträubend unsinnigen Kormoran- Debatte? Wie wäre es damit, das Publikum einmal ernsthaft mit objektiven Fakten zu versorgen, zur Diskussion zu stellen, was denn bitte unsere moderne, selektive, weidgerechte, durch Verordnungen regulierte und auch behördlich überwachte Jagd so schlimm macht? Was macht das massenhafte „natürliche“ Verrecken durch den Naturschutz besser? Das Zufallsprinzip, dem dieses folgt? Das könnten wir auch. Nur wollen wir es nicht, weil wir unter ganz anderen Bedingungen, mit anderen Zielen und mit ganz anderen Möglichkeiten jagen. Der Natur ist die Jagdmethode bzw. die Todesart eines Tieres völlig egal, sie verkraftet die eine wie die andere ohne jedes Problem. Mal vorausgesetzt, das einzelne Wildtier wäre in der Lage zu entscheiden, wie es zu Tode kommen will, es würde, da bin ich mir sicher, unsere moderne Jagd bevorzugen, ohne stunden- und tagelanges Sterben und Quälen, mit kurzem, schnellem Ende.

Dass NABU und andere von sich aus diese Dinge einmal zur Rede bringen, ist wohl nicht zu erwarten, schon weil sie aus eigener Kraft ihre Positionen gar nicht mehr aufgeben können, festgefahren und stereotyp, wie sie in ihren Strukturen und Argumentationen geworden sind. Es ist schließlich ein Riesengeschäft geworden, mit Arbeitsstellen und gut dotierten, einflussbringenden Funktionärsposten und –pöstchen, kurz, sie sind samt und sonders korrumpiert. Und die Erfahrung lehrt, dass Reformen á la Cluny hier von vornherein aussichtslos wären: Es gibt zahllose Beispiele in der Geschichte dafür, wie Bewegungen, die anfangs durchaus ihre Berechtigung hatten, durch übermäßiges und kritikloses Hätscheln durch Zeitgeist und Öffentlichkeit mit der Zeit völlig ihr Maß verloren haben, ein unkontrollierbares Eigenleben entwickelt und ihre ursprünglichen Ziele ins Gegenteil verkehrt haben. Eben weil sie durch diese erzeugte, auch manipulierte öffentliche Meinung es geschafft haben, sich auf den Sockel des unbedingten Wahrheitsanspruches gestellt zu haben und sich dadurch geschützt wissen, egal, was immer sie tun. Es ist nun einmal so: Zeitgeist und öffentliche Meinung werden entscheidend durch unsere Publikationsorgane beeinflusst. Presse- und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, und dementsprechend verantwortungsvoll muss man damit umgehen, denn auch tendenziöse, nicht seriös gegenrecherchierte Berichterstattung wird vom Bürger als Tatsache hingenommen, mit dem entsprechenden Ergebnis. Dass das nicht nur in Gesellschaften vorkommt, deren Medien der Zensur durch den Staat unterliegen, sondern durchaus auch in freien Gesellschaften wie unserer, haben wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erlebt.

Ich denke, es wird Zeit, die Dinge wieder gerade zu rücken. Wo leben wir denn

Kirchveischede, im Mai 2009

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

Aus gegebenem Anlass finden Sie hier die Fortsetzung des Dramas, natürlich völlig unbeeindruckt von aller vorhergehender Kritik: Oostvardersplassen 2013

Jagd im staatlichen  Forst – gut bezahltes Hobby?

Man wird es schon leid, das Getue. Aber es ist nun einmal so: In der Tagespresse und damit in der öffentlichen Meinung, natürlich nach Kräften gefördert durch die pensionsberechtigten Staatsförster, ist der Förster á priori der bessere Jäger, „Profi“. Weil er Förster ist. Weil das nun mal seit fast 200 Jahren so ist. Demgegenüber steht der so genannte „Hobbyjäger“, der Gamsbartjäger, der allenfalls mal am Wochenende seinen dicken Hintern vom Schreibtisch oder von der Couch weg bewegt und dann den genervten Profis vom Staatsforst nur auf den S… fällt. Wobei es streng genommen nach diesem Gedankenmodell gar keine Berührungspunkte geben dürfte, man sieht nämlich selten am Wochenende einen Förster im Revier. So ist jedoch die öffentliche Meinung, wie gesagt, nach Kräften gefördert durch unsere Profi- Presse. Aber wie sieht nun die Wirklichkeit aus? Ganz erheblich ernüchternd, zumindest im Hinblick auf unsere Staatsförster.

Das fängt an mit der jagdlichen Qualifikation: Förstern, Forstwissenschaftlern wird in der Regel während ihrer Studienzeit die Ablegung der Jägerprüfung zumindest nachhaltig ans Herz gelegt, manchmal wird sie auch obligatorisch gefordert. Der / die Student(in) macht dann nichts anderes als jeder der gescholtenen Hobbyjäger: Er / sie macht die für jeden Jäger obligatorische Ausbildung durch und legt seine Prüfung vor den zuständigen Gremien ab. Das war´s auch schon. Keinesfalls wird die Jägerei in irgendwelchen Studiengängen gelehrt, wie das immer durchscheint. Das heißt, von der jägerischen Vorbildung her steht unser Förster absolut auf einer Stufe mit dem stilvoll der Verachtung preisgegebenen „Hobbyjäger“ – und umgekehrt.

Das geht weiter mit der Einstellung zur Jagd. Denn die wird natürlich ganz wesentlich geprägt durch die forstwissenschaftliche Ausbildung und durch die tägliche Arbeit. Und da ist es nun einmal so, dass die mörderische Ertragsoptimierung, das beinharte Gewinnstreben dafür sorgt, dass Wild und Wald zusammen nicht geht. Hier befindet man sich in einem klassischen Dilemma: Die Umwelt- und Forstministerien, wie immer sie in den einzelnen Bundesländern auch heißen, ironischerweise meist grün besetzt, fordern natürlich größtmögliche Kostendeckung beziehungsweise möglichst geringe betriebswirtschaftliche Verluste ihrer Förstereien. Schließlich muss man das dem Wähler verkaufen können, außerdem will man der Opposition keinen Anlass zu Heckenschüssen geben. Da gehen dann grüne Positionen ganz schnell über den Deister. Abgesehen davon, dass ich persönlich Beamtenhierarchien generell die Fähigkeit abspreche, wirtschaftlich agieren zu können, das ist schon strukturell bedingt (Parkinsons Gesetz, Peter- Prinzip), erzieht das kameralistische System zu kurzsichtiger Vorgehensweise. Der Minister / die Ministerin will ja während seiner / ihrer Amtszeit Erfolge vorweisen können, mit den langfristigen Problemen, die meist klar sind und auf der Hand liegen, mit denen sollen sich gefälligst die Nachfolger herumschlagen. Im Klartext: Wer den von mir verursachten Flurschaden wegräumt, ist mir sch…egal – ich bin dann hoffentlich, wenn alles gut läuft, entweder in der Toskana oder sitze in mehreren Aufsichtsräten; noch später kann ich mich als „elder states(wo)man“ salbungsvoll zu Worte melden. Außerdem kann ich ja beratungsweise in Erscheinung treten – natürlich gegen entsprechendes üppiges Honorar.

Vor allem wird das Gerangel, das Hauen und Stechen um Karrieresprünge in den Forstamtsstuben weidlich ausgenutzt: Wer die Herrschaften am besten bedient, macht Karriere – langfristiges Denken hin oder her. So entstehen unsere teflon- beschichteten Forstamtsleiter – intrigant und messerwetzend wie byzantinische Palast- Eunuchen. Es wird zwar der Waldumbau umgesetzt, wenn auch nur schleppend, denn der kostet viel Geld und bringt erst in Generationen Ertrag, beißt sich daher mit der, siehe oben, systemisch bedingten Forderung nach kurzfristigen Gewinnen. Im Interesse der eigenen Jobsicherung ist es auch nicht opportun, denn solche Bestände brauchen weit weniger Pflege, was erheblichen mittelfristigen Personalabbau und damit, wenn auch nicht Entlassung, so doch erheblich verminderte „Karrierechancen“ befürchten lässt. Denn was nützt einem der Titel Forstoberamtsrat, wenn einem nach und nach die Forstamtsräte abhanden kommen? Also Zeit gewinnen, Nebelkerzen werfen. Die Forderungen der Wildbiologie aber, die seit Jahren eine naturnahe Betrachtung vor allem auch des Wald- Wild- Gefüges fordert, die anmahnen, Wildverbiss als das zu nehmen, was er ist, nämlich eine völlig natürliche Erscheinung, die, ganz im Sinne der Jäger, eine ganzheitlich ausgerichtete und damit auch wildgerechte Waldbewirtschaftung fordert, die werden vorsichtshalber mal ausgeblendet. Sobald ein Knöspchen verbissen ist, fängt der Krieg an. Die Hobbyjäger sind´s!!

Wildverbiss

Und damit sind wir beim Unwort für jeden unserer Förster, gefürchtet wie früher der Gott-sei-bei-uns. Denn völlig unabhängig von seinem Umfang, völlig unabhängig davon, welchen Anteil vom tatsächlichen Zuwachs er betrifft, d. h., ob er  ü b e r h a u p t  die Verjüngung unseres schönen deutschen Waldes gefährdet oder beeinträchtigt – Wildverbiss ist eine Horrorvorstellung für jeden Förster, schon der Begriff verursacht anscheinend körperliche Qualen. Und dementsprechend wird es aufgebauscht. Dass Rehe (und Elche, Weißwedelhirsche z. B., sie alle Trughirsche und von der Lebensweise her durchaus vergleichbar) als so genannte (Wald-) Randzonenbewohner ernährungsbedingt Lichtungen und Lichtecken brauchen, ist seit einiger Zeit bekannt. In geschlossenen Waldungen ist ihre Bestandsdichte daher gering. Sie alle brauchen Lichtinseln, die früher auf natürliche Weise durch Sturm, Waldbrand und ähnliche Naturereignisse geschaffen wurden. Damit entstanden Waldrandzonen, und in diesen Randzonen, und nur da, kommt die von diesen Arten benötigte energiereiche, hartfaserfreie, gut aufzuschließende Nahrungsvegetation hoch. Und dementsprechend wichtig ist es natürlich für dieses Wild, genau solche Umweltbedingungen durch eifrigen Rückbiss der nachwachsenden Baumvegetation so lange wie möglich zu erhalten. Selbstverständlich erfolgt das nicht nach kühlem Kalkül, es geschieht nicht bewusst, es liegt einfach in den Systemregeln. Denn wachsen diese Lichtinseln wieder zu, muss das Reh, muss der Elch  wieder abwandern respektive seine Populationsdichte wieder an die verfügbaren Ressourcen anpassen, vulgo verhungern.

Im Gegensatz zu heute. Was haben wir für Kilometer an Randzonen – Waldränder, Waldwege, Rückeschneisen, Plenterhiebinseln etc. etc. Und man kann das ganze auch realistisch sehen. Als ich 1994 zum ersten Mal zur Elchjagd im europäischen Teil Russlands war, wunderten wir uns über riesige, offensichtlich schon Jahre alte Windwurfflächen mit üppigstem, aber niedrigem Bewuchs – und über eine von uns nie so erwartete Elchdichte! Die russischen Jäger (und Förster) erklärten uns auf unsere erstaunten Fragen hin, nachsichtig- verwundert ob unserer Ahnungslosigkeit, dass das nun einmal so sei; Elche erhielten sich so ihr Biotop, daran sei eben nichts zu ändern, das sei Natur. Alle Bemühungen, durch Kultivierungsmaßnahmen wieder Hochwald zu schaffen, seien von vorn herein wirkungslos, da die vielen Elche sich geradezu gierig auf aufkommende Jungbäume stürzten, weil extrem nährstoffreich und gut verdaulich. Also lasse man der Natur einfach ihren Lauf,  den Rest regele die Natur irgendwann selbst. Entweder, ganz selten, geschehe das dann dadurch, dass durch massiv erhöhten Prädatorendruck die Bestände wieder zurück gehen. Viel öfter aber dadurch, dass irgendwann die Bestände zu dicht werden und diese dann durch Seuchen- und Krankheitszüge in Verbindung mit knapper werdenden Nahrungsressourcen innerhalb kurzer Zeit zusammenbrechen. Das wiederum verschaffe dem Wald, den Bäumen die nötige Zeit, wieder aus dem Äserbereich herauszuwachsen. Also nehme man´s gelassen und profitiere so gut als möglich von der Situation, indem man jetzt eben so viele Elche wie nie zuvor schießen könne.  Was sie (und wir) auch nach Kräften taten. Unsere Gastgeber gaben uns auch zu verstehen, dass man Elche auf Grund ihrer Lebensweise eigentlich nicht ausrotten könne, höchstens den Bestand so reduzieren, dass der Wald schneller wieder hochkäme, s. o., Prädatorendruck; das sei aber so arbeits- und zeitintensiv, dass das niemand ernsthaft in Betracht ziehe. Sie nahmen das Ganze also abgeklärt- gelassen hin, wie Profis eben. Wohlgemerkt, russische Jäger und Förster aus der letzten nordöstlichen Ecke Europas, nach hiesigem forstwirtschaftlichem Verständnis also ahnungslose Hinterwäldler. Bei diesen Hinterwäldlern aber gehörte das anscheinend seit langem zum forstwirtschaftlichen Allgemeinwissen: Wildverbiss  geschieht nicht aus Boshaftigkeit, ist auch nicht widernatürlich, sondern liegt auf den Chromosomen – und ist damit im Naturgeschehen ein völlig regelgerechter Vorgang. Vielleicht sollte man unseren angehenden Forstwirten ein oder zwei Gastsemester in Russland zur Pflicht machen.

Nun ist ja zugestandenermaßen Russland nicht Deutschland, in unseren Wirtschaftswäldern ist es unbestritten so, dass starker Verbiss, sei es durch Rehwild, sei es durch Rot-, Muffelwild, empfindliche Schäden verursachen kann; für den, der von der Forstwirtschaft lebt, egal ob in staatlicher oder in privater Regie, ganz bestimmt ein Problem. Aber wer ist für das Übel verantwortlich? Bis in die 70-er Jahre war das überhaupt kein Thema, uns ging´s gut, Wildschäden wurden ersetzt, Förster waren zunächst einmal Jäger. Dann wurde das Geld knapp – und von heute auf morgen waren es die Jäger. Die Jäger? Pardon, die Hobby-Jäger! Wir forstliche Überjäger doch nicht, wir sind schließlich Profis in der Nachfolge von Fries, Raesfeld und ähnlichen jagdlichen Ikonen. Profis eben. Aber die Hobby- Jäger. Es wird ja gefüttert auf Deubel komm raus und viel zu wenig geschossen und sowieso. Damit ließ sich 30 Jahre kommod leben: Man musste selbst an seinem System nichts ändern und hatte einen Prügelknaben. Komischerweise kein Wort davon, dass so gut wie alle Förster auch Jäger sind, vor allem auch schon früher waren. Dann wurden vor einigen Jahren die Bedingungen für Fütterungen (teilweise zu Recht!) ganz erheblich eingeschränkt, ja fast unmöglich gemacht. Die Abschussvorgaben und die Jagdstrecken blieben gleich. Bravo. Bravo? Von wegen bravo, denn der Verbiss, übrigens in schöner anfänglicher Naivität von den alten, vom Zeitgeist noch nicht infizierten Forstmenschen selbst veröffentlicht, blieb´s offensichtlich auch! Das war dumm, aber eigentlich vorhersehbar: Bis man einen Riesenhaufen pensionsberechtigter, vor allem unkündbarer Forstbeamte gleichgeschaltet hat, das dauert. In ihrer ganzen Verzweiflung suchte die Ministeriums- Försterei nun einen Ausweg bzw. einen Sündenbock. Gefunden war der relativ schnell: Rot-, Dam-, Sika- und Muffelwild, vor allem das Rehwild mit seinem anerkannt großen Zuwachspotential, die Haupt- Wildart in den allermeisten Revieren, wurde zu Ratten des Waldes erklärt, alles, was ungefähre Ähnlichkeit mit einem solchen Waldschädling hatte, sollte umgehend auf die Seite gelegt werden. Jäger, vor allem Privatjäger, die dem so nicht folgen wollten, wurden (und werden) übelst in den dafür zugänglichen Medien an den öffentlichen Pranger gestellt. Zu Recht?

Wie man´s nimmt, denn Kritik ist angebracht, wobei ich hier lediglich im Hinblick unsere hiesige Haupt- Schalenwildart, unser Rehwild spreche; für andere Cerviden gelten andere Regeln und Zusammenhänge. Diese Debatte nämlich bringt uns zu einem klassischen Dilemma, in dem unsere hiesige Jägerschaft steckt, besser, in das uns Jäger die Einstellung eines kleinen Teils unserer Zunft gebracht hat und bringt, nämlich die ererbte, hart verteidigte, übertriebene und damit schädliche Hegementalität. Denn um es klar zu sagen: Rehwild verträgt scharfe Bejagung als Art völlig problemlos, wenn sie kurzfristig und effektiv und nicht durch ganzjähriges Beunruhigen und Verstänkern erfolgt; ausreichende Biotop- Kapazität vorausgesetzt, erhöht es zunächst einfach seine Reproduktionsrate, verschiebt das Geschlechterverhältnis in Richtung weiblicher Kitze. Erst wenn die Abgänge höher sind als die Zuwächse, und das dauert, nimmt es im Bestand ab. Aber Gottlob nicht in seiner Existenz an sich. Und genug Rehwild ist da. Unsere Rehe sind Meister der Heimlichkeit, und auch wenn von manchen Jägern immer wieder behauptet wird, man kenne jedes einzelne seiner Rehe mit Stammbaum und Geburtsdatum – sehe ich ein Reh, sind fünfe unsichtbar, und zwar dauerhaft!

Als Beispiel: Der dänische Wildbiologe Andersen ließ bereits 1953 in einem isolierten Versuchsrevier von ca. 1.000 ha (Kaloe) von mehreren, das Revier seit Jahren betreuenden Berufsjägern über mehrere Wochen systematisch den Rehwildbestand ermitteln; übereinstimmend wurde der Bestand dann auf ziemlich genau 70 Stücke geschätzt. Zu Forschungszwecken wurde dann ein Totalabschuss durchgeführt, mit einer Riesenmenge an Jägern und einer bürstendichten Treiber- und Schützenwehr. Geschossen wurden sage und schreibe 213 Rehe, die entkommenen nicht mitgerechnet. Noch ein Beispiel? Fred Kurt, einer der profiliertesten Rehwildforscher überhaupt, berichtet: Züricher Flughafen, Gesamtfläche 655 ha, Wildlebensraum also ca. 350 ha, absolut rehsicher eingezäunt, also ohne jede Möglichkeit der Zu- oder Abwanderung, die bejagbare Fläche sehr übersichtlich, da nur mit kleinen Gehölzinseln durchsetzt, seit vielen Jahren bejagt von einem erfahrenen Berufsjäger. Von diesem geschätzter Rehwildbestand: Max. 42 Stücke. Aus Gründen der Flugsicherheit wurde ein Totalabschuss angeordnet, große Aktion. Ergebnis: 215!!! geschossene Rehe.

Vielleicht nicht ganz so krass, aber ähnlich dürften die Verhältnisse auch in unseren Revieren sein. Ich kriege immer wieder alle Zustände, wenn ich von Jägern barmen höre, dass kein Rehwild mehr da sei, man den kümmerlichen Restbestand lieber am Leben lasse, gleichzeitig aber jede Woche von den gleichen Jägern ein oder zwei Rehe von den Straßen gekratzt werden müssen oder verludert, abgekommen und jämmerlich verreckt in den Hecken gefunden werden! Und Alarm: Denn wenn sie noch gefunden werden, heißt das, dass Sauen und Füchse wegen des großen Angebots gar nicht mehr mit dem Aufräumen nachkommen! Zur Erinnerung: Rehwild neigt stark dazu, sich möglichst unsichtbar zu machen. Und es ist ganz erstaunlich, wie erfolgreich die Tierchen dabei sind. Dementsprechend ist also Rehwild auf Wiesen oder sonstigen offenen Flächen die Ausnahme. Warum sollten die sich auch weithin sichtbar hinstellen? Machen wir ja auch nicht gern, und Rehwild schon mal gar nicht; als Drückertyp und so genannter Grenzlinienbewohner liebt es unbedingt die Deckung. Denn seit einiger Zeit greifen auch die Umstellungen bei der Bewirtschaftung, privat und staatlich. Erklärtes Ziel ist, s. o., vom althergebrachten strikten Altersklassenwald abzugehen, Fichten- Monokulturen durch Laubmischwald mit der Hauptbaumart Rotbuche zu ersetzen. Bestehende Bestände werden nach und nach ausgelichtet, unterpflanzt, Plenterbewirtschaftung nimmt zu etc. etc. Auch die üblichen Subventionszahlungen für Privatwaldbesitzer werden davon abhängig gemacht. Die Folge davon: Zunehmend raume Bestände mit Lichtinseln, starke Strukturierung, in Verbindung mit dem hohen Stickstoffeintrag durch die Luft üppigster Unterwuchs, das alles zusätzlich zu den ohnehin durch die Bewirtschaftung geschaffenen Randzonen wie Forstwege, Rückeschneisen u. ä.. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen tun ein Übriges: Kleinere Flächen werden nicht mehr bearbeitet, weil es sich nicht lohnt, weil Erben kein Interesse haben, sie verfilzen, wachsen zu. Für Rehwild ein Paradies. Denn es findet genug bequeme und hochwertige Äsung direkt in und neben den Einständen. Das bedeutet aber auch, dass es, abgesehen von der Mai- und der Blattjagd auf Böcke, bei der es mit Hängen und Würgen, mit Dauerverstänkerung der Einstände auch mit den alten Methoden möglich ist, den Abschuss zu erfüllen, spätestens beim weiblichen Abschuss zum Schwur kommt. Bei Aufgang der Jagdzeit sieht man sie nicht mehr, sie ziehen auf zehn Meter am Hochsitz vorbei, man hört sie manchmal, sehen tut man aber nichts. Also bleibt, will man seinen gesetzlichen Verpflichtungen genügen, die Treib- bzw. Drückjagd; die Ansitzerei bringt es einfach nicht mehr. Dazu gehört aber die Einsicht, dass offensichtlich untaugliche Verfahren aufgegeben, überkommene Methoden angeglichen und revierangepasst verfeinert werden müssen. Und ich halte es nicht für ein Verbrechen, wenn man sich die Arbeit von hoch qualifizierten Fachleuten aus der Wildtierforschung zunutze macht und die Ergebnisse ihrer Arbeit übernimmt.

Nach wie vor bin ich der Meinung, dass viel schärfer, vor allem effektiver gejagt werden kann und auch sollte, vor allem der Abschuss der Vermehrungsträger, nämlich der Schmalrehe und Ricken, sollte verstärkt werden, und zwar im ureigenen Interesse der Jäger – und der Gattung Capreolus an sich. Scharfe, pointierte, effektive Bejagung kommt zuallererst dem verbleibendem Bestand zu Gute! (Der Wildkammer natürlich auch.) Idealerweise schießen wir den Bestand wieder zurück in die Pionierphase – mit dem Resultat einer geringeren Wilddichte, besseren Bestandsgesundheit, in der Regel auch konditionell stärkerem Wild. Unter normalen Umständen wird man selbst bei deutlicher Abschusserhöhung den Rehwildbestand nur prozentual senken können, denn Rehwild reagiert auf schärfere Bejagung sofort wie bereits beschrieben. Damit kommt reflexartig von vielen der Einwand, dass man dann ja alles so lassen könne wie es ist – nichts tun. Und natürlich wird der weibliche Abschuss mit schöner Regelmäßigkeit weiter mit 100 % an die Jagdbehörden gemeldet, wird ja nicht kontrolliert. Das Fatale daran: Wir werden unserem gesetzlichen Auftrag zur Hege des Bestandes nicht gerecht, Und wir tun dem Wildbestand nichts Gutes, denn, man kann es gar nicht oft genug wiederholen, Schalenwild und seine Ökologie ist auf Bejagung programmiert, braucht sie im ökologischen Sinn zur Gesundhaltung als Spezies! Versäumen wir das, geben wir unseren Kritikern jede Menge Munition an die Hand! Und damit meine ich nicht die weltfremden Bambi- Bedauerer oder die militanten Jagdgegner; nein, ich meine  d i e  Kritiker, die damit von der eigenen Tatenlosigkeit ablenken können und uns genüsslich am Nasenring durch die Manege ziehen: Forstwirtschaft, Öko- Szene und v. a. m.

Ja, haben sie denn nun doch Recht?

Wer die Ausführungen bis hierher verfolgt hat, wird jetzt, zu Recht, irritiert fragen: Ja, haben dann die Forstmenschen also doch Recht? Nein, haben sie nicht. Zwar fordern sie eine Reduzierung der Bestände und streben damit rein zufällig das gleiche Ziel an wie Wildbiologen und Jagdwissenschaftler, aber aus einem völlig anderen Motiv, nämlich dem der  kritiklos einseitigen forstwirtschaftlichen Ertragsoptimierung. Förster, zumindest ein Großteil der Förster, die ich kenne, hätten absolut kein Problem mit einem völlig wildfreien Wald. Sie kennen dabei keinerlei Rücksichtnahme auf andere Interessen, auch nicht die des Wildes, würden das aber selbstverständlich öffentlich nie zugeben. Und ganzheitliches Denken, das alle Regelkreise der Natur, also auch unser Wild mitsamt dem zwingend damit zusammenhängenden Phänomen der wechselseitigen Interdependenzen und Einwirkungen einbezieht, ist zumindest der heutigen Forstwirtschaft und ihrer reinen Lehre von vornherein Hekuba; die Universitäten haben das aus Vereinfachungsgründen schlicht ausgeblendet. Unsere Förster hatten und haben, was ganzheitliche Betrachtungsweisen bzw. wildbiologische Zusammenhänge angeht, keinen Deut mehr Durchblick als der viel gescholtene Durchschnitts- „Hobbyjäger“. Wie auch, jagdlich sind sie schließlich absolut gleich ausgebildet. Das Neue aber an der öffentlichen Diskussion zumindest der letzten zwanzig Jahre aber ist, dass die forstwirtschaftliche Ausbildung zunehmend ideologisch- wildfeindlich ausgerichtet ist. Gleichzeitig aber, und das ist die Perfidie an der Sache, spielt die Szene geschickt ihren überkommenen, tief im Bewusstsein der Bevölkerung verankerten Status des Überjägers (Förster = Berufsjäger) aus, oktroyieren ihre völlig einseitige Betrachtungsweise damit geschickt dem  Publikum auf – und qualifizieren in der öffentlichen Meinung den Normaljäger geschickt zum „Hobbyjäger“ herab. Mein Opa hat immer gesagt: „So besch…. man Leute!“ Hier müssen wir einhaken und die Öffentlichkeit über diese Zusammenhänge aufklären, aber endlich einmal aus unserer Sicht, und das wäre eigentlich Aufgabe zuvörderst unserer Verbände. Leider ist wenig davon zu sehen und zu hören. Im Klartext noch einmal: Übermäßiger Verbiss ist nicht zu tolerieren – aber null Verbiss, wie von den Herrschaften gefordert, ist nur mit null Wild zu haben, aus den oben genannten Gründen. Ich würde mich sehr wundern, wenn das in der Öffentlichkeit durchgehen würde.

So viel zur bösen Welt um uns herum. Das alles aber entbindet uns Jäger eindeutig nicht von der Pflicht, alte Zöpfe endlich abzuschneiden, uns auf den aktuellen Stand der Wissenschaft zu bringen und unser jagdliches Tun daran auszurichten. Denn der Bürger, auch der nichtjagende Bürger, kennt zwar nicht die detaillierten Zusammenhänge und Probleme, hat aber offensichtlich ein außerordentlich sicheres Instinktwissen, einen Generalverdacht, ein Bauchgefühl im Gigerenzer´schen Sinne dafür, dass etwas grundsätzlich nicht in Ordnung ist. Wir sind dazu aufgerufen, diesen Eindruck gegenstandslos zu machen, die Bedenken zu widerlegen, und zwar durch Fakten. Unser Ziel muss eine Umwelt sein, die sich durch ausgewogene Regelkreise auszeichnet, sich in stabilem Zustand befindet, und zwar in Bezug auf Flora und Fauna. Forstleute können das zumindest derzeit nicht, nicht nur aus den o. a. Gründen, nein, zu ihrer Ehrenrettung soll auch gesagt sein, dass sie getrieben werden von ministeriellen Ertrags- Optimierungs- Diktaten. Selbst wenn sie wollten, könnten sie ihre Einstellung erst mühsam und in vielen Jahren ändern, zu fest betoniert ist die einseitige Ausrichtung ausschließlich auf die Flora im forstwirtschaftlichen Sinn, auf Ertragsoptimierung um nahezu jeden Preis in der gesamten Theorie und Lehre. Wir Jäger aber haben eine jahrzehntelange Diskussion und Zerreißung hinter uns, zumindest in den jüngeren Köpfen ist der ganzheitliche Ansatz mittlerweile angekommen. Schließen wir also jetzt endlich die Diskussion ab und setzen um, was erarbeitet wurde!

Denn wenn wir das nicht endlich tun, sieht man, wohin das führen kann, im Saarland mit seiner ehemals gebildeten (und Gott sei Dank krachend gescheiterten) Jamaika- Koalition. Sie ist zwar mittlerweile Geschichte, hat aber schlagend bewiesen, dass Politiker sich keinen Deut um ihr Gewäsch von gestern scheren. Nur um ihre Pöstchen und Klüngelchen über die Wahlschlappe zu retten (CDU), bzw. um an die vollen Fleischtöpfe der Regierungsmacht zu gelangen (FDP), haben beide Parteien sofort und bedenkenlos die Jagd den Grünen zum Fraß vorgeworfen. Und abzuwarten bleibt, ob das unter der neuen schwarz- roten Regierung wieder zurückgeholt wird, denn das ist wie mit der Büchse der Pandora – einmal geöffnet, sind die Plagen und Übel in der Welt. Und in NRW dürfte nach dem rot- grünen Wahlsieg der Jagd schwere Zeiten drohen, denn Kraft wird den Teufel tun, den Grünen ihre Spielwiese zu nehmen, sie muss sie bei Laune halten, denn schließlich kann sie bei ihrer Finanzpolitik keine Querelen innerhalb der Koalition brauchen. Also darf Remmel sich abarbeiten an der Jagd, an der Umwelt, weiter völlig ungeniert Vetternwirtschaft und Klientelpolitik auf Kosten des Steuerzahlers betreiben, Hauptsache, er ist beschäftigt (siehe Minister Remmel und die Krähen in NRW). Die Linke ist nicht mehr im NRW- Landtag, auch im SH- Landtag nicht mehr vertreten, und es sieht nicht so gut für sie aus, was m. E. nicht von Schaden ist für das Land. Wenn sie aber politisch überleben als Partei, werden sie unverdrossen ihre alte Politik fortsetzen. Wie die aussieht, können sie sich von älteren Jagdgenossen aus den neuen Bundesländern erzählen lassen – abgrundtiefes Misstrauen gegenüber dem eigenen Volk, verbunden mit absoluter Kontrolle, Mielke lässt grüßen.

Und wir sollten uns endlich abgewöhnen, uns darüber zu wundern: Bei ca. 62,2 Mio. Wahlberechtigten in Deutschland (2009) stellen wir Jäger mit ca. 350.000 Köpfen einen Wähleranteil von gerade einmal 0,56 %, und noch nicht einmal die sind sich einig! Wir wären daher noch nicht einmal bei vollständiger Koordinierung im Wahlverhalten auch nur im Entferntesten in der Lage, irgendwelchen politischen Druck ausüben zu können; davon könnten wir vielleicht bei einem Prozentsatz ab 5 % träumen; völlig illusorisch! Was uns bleibt, auch wenn man es gebetsmühlenartig wiederholt, ist flexibles Reagieren auf Veränderungen im Umfeld, vorurteilsfreie Aufnahme neuer Forschungsergebnisse in unseren Jagdalltag, endlich eine Präsentierung in der Öffentlichkeit, die diesen Namen auch verdient. Machen andere auch! Wir können zwar immer wieder darauf hinweisen, dass das Jagdrecht grundgesetzlich geschützt ist, da gekoppelt mit dem Eigentum an Grund und Boden, und dass den Grundeigentümern alles daran gelegen sein muss, zur Verteidigung ihrer Eigentumsrechte mit den Jägern an einem Strang zu ziehen. Aber wer glaubt daran nach den Erfahrungen der letzten 50 Jahre? In dieser Situation dann noch überall perfekte Angriffs- Steilvorlagen für alle Jagdgegner zu geben, das halte ich tatsächlich für eine groteske Verkennung der Stärke der eigenen Position!

Das Saarland hatte mit der Ernennung eines bekennenden sogenannten „Öko- Jägers“ (schon wenn ich das Wort höre, juckt´s mich) zum Jagdreferenten sofort klar gemacht, was kommen wird: Einschränkung der Jagd in der bestehenden Form auf rudimentäre Überreste. Die Saar- Jäger hatten trotz allen Protests keine Chance, sich dagegen zu wehren, zu lange hat man sich auf die vermeintlich sicheren Bastionen des Grundgesetzes verlassen. auch wurde das Wählerverhalten jahrzehntelang grotesk unterschätzt: Auch wenn die Öffentlichkeit, erwiesen, zu über 80 % die Jagd für notwendig und richtig hält, unsere internen Probleme haben sie nicht auf dem Schirm bei ihren Wahlentscheidungen, da orientieren sie sich folgerichtig an den für sie persönlich wichtigen Zielen. Da aber Wähler zu 99,46 % Nichtjäger sind, ist die Jagd für sie, ich wiederhole mich, kein Entscheidungskriterium. Das unterstreicht, wie wichtig es ist, unsere Positionen der Öffentlichkeit aus unserer Sicht näher zu bringen, vor allem die vordergründig logisch erscheinende Argumentation unserer Gegner zu entlarven als das, was sie ist: Wissentlich unwahre Manipulation. Was eigentlich als Begriff eine Tautologie ist, der Begriff Manipulation beinhaltet schon den Vorwurf der Täuschung, aber ich wollte die Sache deutlich machen.

Aber kommen wir zurück zum eigentlichen Thema: Der Versuch unserer staatlichen Forstverwaltungen, die Privatjäger und das Rehwild allein verantwortlich zu machen für die hausgemachten Fehler und die Folgen ihrer politisch geduldeten Unfähigkeit, das schlägt nun dem Fass wirklich den Boden aus. Die private Forstwirtschaft schlägt fröhlich die gleiche Pauke; man folgt eben den „Fachleuten“, gleich, ob wirklich Anlass dafür besteht oder nicht. Und das bringt mich wieder zum Punkt: Bewirtschaftung eines Wirtschaftszweiges durch den öffentlichen Dienst, ganz gleich welcher Wirtschaftszweig das ist, kann auf Grund der gesetzmäßigen Verfahrensabläufen der öffentlichen Verwaltungsstrukturen nie wirtschaftlich sein, das verträgt sich einfach nicht mit Beamtengehabe. Arrogantes, überhebliches Getue von oben herab sorgt zunehmend für Widerstand und macht die Sache nicht einfacher.

Ein Beispiel gefällig? Bei uns wurde, zum ersten Mal vor einigen Jahren, auf Initiative zweier Beständer, nennen wir sie A. und B., wegen drohender Schweinepest eine revierübergreifende Drückjagd auf Schwarzwild initiiert. Beteiligt waren, so weit ich mich erinnere, zunächst vier Reviere mit einer Gesamtfläche von ca. 2.000 ha. In diese Fläche hineingreifend liegt ein Staatsforstrevier von gut 500? ha, das auf Grund seiner Lage und des Geländezuschnitts gewissermaßen Schlüsselstellung hat. Auf Anfrage und Einladung hin kam vom Forstamt eine deutliche Absage: Terminschwierigkeiten. Ein schwieriges Problem, das man auch in den kommenden Monaten (die Idee wurde im Februar geboren, die Ausführung sollte im Dezember erfolgen) nicht zu beheben in der Lage war. Die wirklichen Gründe, den Verdacht wurde ich nie recht los, waren einmal der bereits festgelegte Termin, nämlich ein Samstag, die beteiligten und geladenen Jäger sind ja alle berufstätig, zweitens indigniertes Stirnrunzeln über diese Kompetenzanmaßung der „Hobbyjäger“.

Daraufhin Beratung der übrigen Teilnehmer und der Beschluss, es eben allein zu machen. Um es kurz zu machen: Trotz der fehlenden Staatsforstflächen wurde es ein großer Erfolg! Insgesamt kamen 16 Sauen und 3 Stücke Rehwild zur Strecke, alles in allem also ein wohl erhoffter, aber so nicht erwarteter Erfolg, auch die Presse berichtete anerkennend. Spontan wurde die Wiederholung im nächsten Jahr beschlossen.

Im folgenden Februar ging es dann an die Detailplanung. Weitere zwei angrenzende Reviere schlossen sich an, vor allem aber konnte sich der Staatsforst jetzt schlecht aus dem Geschehen heraushalten; schon allein wegen der positiven Presse. Süß- sauer sagte man jetzt Teilnahme zu, wolle aber noch einige Detailpunkte mit allen Beteiligten klären. Schon damals, nach jahrelanger Erfahrung und nach manchem ausgefochtenen Strauß mit den Herrschaften, wies ich darauf hin, dass die Forstverwaltung mit ziemlicher Sicherheit versuchen werde, die Lufthoheit zum Thema zu erringen, vor allem aber, die Regie zu übernehmen und das Ganze später als eigene Idee zu verkaufen. Das wurde nicht recht ernst genommen, aber da ich selbst lediglich Gast war, hielt ich mich im Hintergrund.

Es kam, wie es kommen musste: Natürlich kam ein Samstag aus „terminlichen Gründen“ für die beamteten Jäger nicht in Frage. Das hatte natürlich nicht seinen Grund darin, dass man keinen arbeitsfreien Samstag für eine Jagd verschwenden wollte, das wurde weit zurückgewiesen. Man sei nun einmal für den ins Auge gefassten Termin nicht mehr frei, es sei überhaupt nur noch ein Dienstag Mitte Dezember frei. Nun ist der normale berufstätige Mitteleuropäer gemeinhin in der Lage, im April (da fand die Besprechung statt) einen Termin für Dezember umzulegen, es sei denn, es handelt sich um seine eigene Hochzeit oder Beerdigung. Bei Beamten geht das aber scheinbar nicht, das muss wohl an der katastrophalen Arbeitsüberlastung in deutschen Amtsstuben liegen, aber sei´s drum. Wohl oder übel fügten sich alle anderen Beteiligten, da man die wichtigen Staatsforstflächen unbedingt mit einbeziehen wollte. D. h., geschätzte 80 berufstätige „Hobbyjäger“ mussten einen Tag Urlaub nehmen bzw. blieben ihren Betrieben fern, um fünf bis sechs beamteten „richtigen“ Jägern den dienstfreien Samstag zu retten. Dass dann von der Forstverwaltung noch eine Reihe „Hobbyjäger“ aus der Kundenkartei eingeladen wurden, wobei von diesen „Standgebühren“ (man munkelt von rund 150,00 € pro Nase) verlangt wurden, sei nur am Rande vermerkt.

Um nun zumindest der von mir sicher erwarteten staatlichen Imagekampagne vorzubeugen, riet ich dazu, einen Artikel vorzubereiten und der Presse 14 Tage vor der Jagd zur Veröffentlichung zuzuleiten; in diesem Artikel wurde die örtliche Bevölkerung gebeten, für die Zeit der eigentlichen Jagdausübung, nämlich von 9:00 bis 15:00 Uhr, auf Spaziergänge oder Holzarbeiten möglichst zu verzichten (was auch bereitwillig befolgt wurde). In dem Artikel wurde vom zuständigen Redakteur auch die Urheberschaft dieser Jagd herausgestellt. Kaum war der Artikel erschienen, ein empörter Anruf, wie man so etwas ohne vorherige Rückfrage beim  Forstamt machen könne… Den Samstag darauf erschien dann der „forsteigene“ Artikel, natürlich ohne Abstimmung. Und dass der Forstamtsleiter darin als „Gesamt- Jagdleiter“ bezeichnet wurde, hatte sich bestimmt der Redakteur aus den Fingern gesogen. Die Jagd an sich war dann wieder ein großer Erfolg, und die Tatsache, dass diesmal 32 Sauen, 14 Stück Rehwild und einige Füchse auf der Strecke lagen, dokumentiert, um wie vieles effektiver die Aktion mit den zentralen Staatsforstflächen war. Vor allem im Hinblick auf die in Nachbarkreisen grassierende Schweinepest war damit ein guter Teil der nötigen und geforderten Mehrabschüsse an einem Tag erledigt worden.

Einstimmiger Beschluss: Nächstes Jahr wieder. Aber diesmal am Samstag, wegen der vielen berufstätigen „Hobbyjäger“. Zunächst spontane Zustimmung der Beamten; dieses Mal ließe sich das bestimmt einrichten. Nun kenne ich ja meine Pappenheimer und blieb sehr skeptisch. Versammlung also im April, dann der Knaller: Von Seiten der Staatsförster als Kompromiss!!- Angebot als Termin ein Freitag Ende November! Entgegen der ursprünglichen Zusage ginge es einfach nicht anders, das müsse man verstehen. Auch diesmal, wieder auf Monate im Voraus, keine Möglichkeit umzuplanen. Zwischen den Zeilen stand, dass ein Freitag zwar schon schwierig ist (weil da ab Mittag Dienstschluss ist?), aber man im Interesse der Sache zu schweren persönlichen Opfern bereit ist.

Was soll ich sagen? Beschlossen und verkündet. Ich bin gespannt, was bei der nächsten Jagd auf uns „Hobbyjäger“ zukommt (wenn die überhaupt stattfindet, so genervt waren die „Hobbyjäger“ von den Querschlägen und Extravaganzen). Vielleicht nach folgendem Schema: Jagdtag Montag bis Donnerstag, das ist einfach besser, weil am Freitag, s. o., ja mittags bereits Dienstschluss ist. Wenn es dann unbedingt ein Freitag sein muss (über Samstag reden wir überhaupt nicht mehr), als Ausgleich für dieses Entgegenkommen möglicherweise eine freiwillige Abgabe zur Zusatzversorgungskasse stressgeschädigter Forstbeamter im Bundesland. Oder ein Tag freiwilliger und unentgeltlicher Arbeitsdienst zur Renovierung der Amtsstuben. Ist natürlich alles nur Vermutung. Aber für unmöglich halte ich eigentlich gar nichts mehr.

Dann kam der Jagdtag. Auf Grund des nicht gerade idealen Wetters, Regen, starker Wind, nasskalt, wurde damit gerechnet, dass die Strecke nicht das Vorjahres- Niveau erreichen würde. Wurde auch nicht. Aber die Staatsforstflächen waren so bürstendicht abgesetzt, dass man meinte, man sei im Kriege (Standversteigerung über egun.de). Ich persönlich, ich stand an der Grenze zu den Staatsforstflächen, habe nach 70 registrierten Schüssen aufgehört zu zählen. Zur Strecke kamen dort allerdings nur insgesamt 15 Stück Wild. Wohin die anderen Schüsse gingen, weiß der liebe Himmel. Und hoffen wir, dass zumindest der größte Teil dieser Schüsse lediglich für Löcher in der Botanik gesorgt haben. Wo hier dann die viel zitierte Waidgerechtigkeit geblieben ist? Vielleicht auf der Strecke. Und wenn auf einer Pirschbezirksfläche von knapp 90 ha, bejagt von einem pensionierten Staatsforstkollegen, mehr als zwanzig! Kanzeln und „Drückjagdböcke“ zu zählen sind, dann, denke ich, brauchen wir Hobbyjäger nicht das Haupt zu senken.

Ich denke, es wird Zeit, einiges zurechtzurücken. Wo leben wir denn?

Kirchveischede, im Mai 2010

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

Moderne Jagd vs. edle Wilde

oder: 

Wie man sich durch seine eigenen Schein- Argumente in die Ringecke manövriert….

Immer wieder wird uns als Kritikpunkt entgegengehalten, dass wir im Gegensatz zum Naturjäger (gemeint sind dabei jagende Angehörige verbliebener Naturvölker) eigentlich dem Wild keine Chance lassen mit unserer modernen Ausrüstung, den präzisen Waffen, die wir führen. Gern wird auch angeführt, dass die „Chancengleichheit“ nicht gegeben sei und vieles Andere mehr. Bezeichnenderweise werden diese Argumente gern von Leuten vorgebracht, die mit anderen, mehr emotional begründeten Vorbehalten gescheitert sind. Auch moderne Bogenjäger reihen sich gern ein, um ihre Art zu jagen (in Deutschland nicht zulässig) zu propagieren. Ich habe gerade zur Bogenjagd schon mehrfach geantwortet (Bogenjagd – einzige Form der weidgerechten Jagd?). Auf den ersten Blick scheint ja etwas dran zu sein an diesen Einwänden. Aber wenn wir uns einmal die Mühe machen und den Dingen auf den Grund gehen, ergibt sich ein ganz erstaunliches Bild.

Nehmen wir doch einmal die Jagd sogenannter Naturvölker, seien es die Khoi- San Südafrikas bei ihrer Buschjagd, seien es einige Nordvölker, denen im gewissen Umfang z. B. die Waljagd, auch auf Großwale, noch gestattet ist. Niemand, kein Walschützer und auch kein noch so militanter Jagdgegner, würde wagen, dieses Recht in Frage zu stellen. Um es klar zu machen: Auch ich nicht, weil es ihr angestammtes Recht ist, offensichtlich seit Jahrtausenden funktioniert und weder die Welt an sich noch die Natur in irgendeiner Weise geschädigt hat. Nur habe ich als aktiver Jäger ja auch nicht einen solchen Bruch zu erklären wie Jagdgegner, die dabei ja einmal mehr eine Ausnahme von ihren geheiligten Regeln machen müssen. Denn eines muss erlaubt sein klarzustellen: Es werden damit ohne wenn und aber Jagdmethoden akzeptiert, die unserem Verständnis von weidgerechter Jagsausübung diametral entgegenstehen, einem Verständnis, das, nebenbei bemerkt, von „unseren“ Jagdgegnern im Zusammenhang mit unserer modernen Jagd nicht nur vehement eingefordert wird, sondern in seiner Ausprägung vielfach als viel zu lax bezeichnet wird. Es wäre eigentlich zum Lachen, wenn es nicht wirklich so traurig und verlogen wäre.

Die Methoden der Jagd

Das fängt damit an, dass z. B. ein Buschmann das nächstbeste Stück schießen wird und es ihm völlig egal ist, ob es sich eventuell um ein führendes Stück handelt und dessen Kalb oder Kitz dadurch zum sicheren Tod verdammt ist. Er nimmt es in Kauf, auch in der sicheren Erkenntnis, dass die Natur für dieses Jungtier ohnehin Verwendung hat, nämlich als Nahrung für die Jungen des z. B. nächstbesten Schakals, der, wäre die Mutterantilope noch am Leben, wenig Chancen gehabt hätte, dieses Kitz zu erbeuten. So aber überleben seine Jungen. Sage mir nun einer, was ethisch höher zu bewerten ist.

Dem Khoi- San- Jäger würde beispielsweise auch Kritik an einer seiner üblichen Jagdmethoden, der Schlingenstellerei, wie Gerede über die Rückseite des Mondes vorkommen; er würde solche Kritik auch gar nicht verstehen können, weil ihm hierzu ganz einfach das logische Instrumentarium, das Bewusstsein, neudeutsch die Software fehlt. Natürlich fühlt ein Buschmann- Jäger Empathie mit lebenden Tieren, er käme gar nicht auf die Idee, sie vorsätzlich zu quälen, und natürlich liebt er die Natur und würde sie um nichts in der Welt gefährden wollen, inklusive des Wildbestandes in ihr. Aber bei der Jagd hat er eben eine andere Sicht der Dinge, passt sich seiner natürlichen Umwelt an. Er käme aber bei der eigentlichen Jagdausübung gar nicht auf die Idee, innerartliche ethische und soziale Aspekte wie Tötungshemmung oder Empathie auf das einzelne Stück Wild zu übertragen. Deswegen nimmt er die Qualen des Wildes, das langsam in seiner Schlinge erdrosselt wird, genauso hin wie Panik, Todesangst und langsames Ersticken der Antilope, in Ausnahmefällen sogar des Großwildes bis hin zu Giraffen, die vom vergifteten kleinen Pfeil des Buschmannjägers getroffen und beileibe nicht auf der Stelle getötet werden. Dazu sind Pfeilverletzungen auf Grund der geringen kinetischen Energieabgabe generell nicht in der Lage, erst recht nicht die aus unserer Sicht lächerlichen „Flitzebögen“ dieser Urjäger.

Es ist übrigens auch völlig unerheblich, wo genau der Pfeil trifft, wenn er nur irgendwo im Tierkörper landet: Ihre Pfeile sind mit einem absolut tödlichen Gift versehen, das sie aus bestimmten Käferlarven gewinnen. Es tötet zwar auch nicht, wie bei uns zwingend gefordert, auf der Stelle. Getroffenes Wild geht, je nach Größe und Konstitution, noch meilenweit und stirbt unter großen Qualen, nämlich durch Lähmung der Atemmuskulatur, vulgo durch Ersticken. Aber es stirbt ganz sicher, und das bedeutet Fleisch für die Familien der Jäger – nichts Anderes zählt. Das stellt keine Herabwertung dieser Menschen und ihres jagdlichen Könnens dar, ganz im Gegenteil. Was diese Jäger aufzuweisen haben an Kenntnis über das Verhalten ihres Jagdwildes, an Fährtenkunde und der Fähigkeit, Wildfährten auszuarbeiten und zu deuten, überfordert unsere Vorstellungskraft. Auch müssen sie auf Abstände von maximal 25 bis 30 Meter an ihr Jagdwild heran, denn weiter können sie mit ihren primitiven Bögen zielgenau gar nicht schießen. Allein das ist schon schwierig genug, und schon allein aus diesem Grund können sie es sich gar nicht erlauben, zu selektieren! Deshalb wären die Vorschriften unserer Jagdgesetzgebung in Bezug auf die Regeln der Weidgerechtigkeit für sie allenfalls böhmische Dörfer, wenn nicht blanker Unsinn und reine Naivität, vor allem aber würden sie für sie die Jagdausübung völlig unmöglich machen.

Ebenso die (wenigen) Eskimo- oder, in der Altwelt, Aleuten- und Tschuktschenvölker, denen heute noch die Jagd z. B. auf Großwale gestattet ist: Niemand nimmt Anstoß daran, dass hoch soziale, hoch empfindungsfähige Tiere über Stunden mit schmalblättrigen Harpunen traktiert werden, so lange, bis eine dieser Harpunen dann tatsächlich rein zufällig einmal eine so große innere Verwundung bewirkt, dass der gejagte Wal langsam innerlich verblutet. So eine Jagd kann sich über Stunden hinziehen, der Stress des angegriffenen Tieres, seine stundenlange Todesangst, seine Schmerzen und seine Panik, all das wird von diesen „Urjägern“ in Kauf genommen. Sie haben Hunger und wollen überleben, sagen sich auch, dass der gewaltsame Tod des Wals beispielsweise durch Orcas, die durchaus auch Großwale, vor allem ihre Kälber, jagen, nicht weniger schlimm ist. Um es klar zu sagen: Sie haben Recht, sowohl Buschmänner als auch Innuit, Aleuten und Tschuktschen. Es ist eben etwas anderes, wenn man von einer Couch aus, sozial in üppigster Weise abgesichert und ohne jegliche Existenz- und Nahrungssorgen, über Jagd, Jagdmethoden und deren Stellenwert und Berechtigung philosophiert (dazu meist als Nichtjäger) als direkt und unmittelbar als Betroffener.

Die große Lüge 

Man sollte an dieser Stelle auch einmal mit einem lieb gewordenen Stereotyp aufräumen, das allgegenwärtig ist in den Köpfen unserer Bevölkerung, nämlich mit der Meinung, dass Luchse, Wölfe, Bären, kurz alle Beutegreifer der „freien Natur“, ja nur alte und schwache Beutetiere fressen, kurz auch „edle Wilde“ sind. Konstruiert wurde es von unseren „Naturfreunden“, die nach dessen überaus erfolgreicher Implementierung nicht bereit sind, wieder auf diese so wirksame Waffe zu verzichten, es wieder zurechtzurücken und dahin zu verweisen, wohin es gehört, nämlich ins Reich der Utopie, denn es ist eine grobe Irreführung der Öffentlichkeit. Unser Raubwild jagt nämlich so, wie wir wirtschaften: Zutiefst ökonomisch. Sie nehmen das, was sie schnellstmöglich bei gleichzeitig geringstmöglichem Einsatz ihrer Ressourcen erbeuten können. Strenge Kosten- / Nutzungsrechnung also, und darin reiten sie auf der gleichen Welle wie unsere Buschmänner und Innuit (die ja auch den ersten besten Wal harpunieren, oder glaubt jemand ernsthaft, die tauchen erst und schauen nach, um was für ein Tier es sich handelt?).

Bär, Wolf, Luchs – sie greifen das, was erreichbar ist, und wenn sie eine unvorsichtige führende, ansonsten vor Gesundheit strotzende Rehgeiß bekommen können, wird diese Beute. Als angenehme Beigabe bekommen sie in den allermeisten Fällen später das / die verwaiste(n) Kitz(e) sowieso. Unbestritten ist, dass z. B. bei Wölfen als Hetzjäger der Anteil an kranken und schwachen Tieren bei ihrer Gesamtbeute i. d. R. überwiegt. Das ist einfach logisch, wenn auch ökologisch noch nicht einmal von ausschlaggebender Bedeutung für die Erhaltung einer Spezies als Ganzes: Ein Wolfsrudel konzentriert sich bei einem Angriff schnell auf das langsamste Tier einer Herde – ökonomisches Jagdverhalten eben. Dass das so ist, ist einfach die Wirkung aus der Ursache, dass es schwächliche, kranke, und (selten) alte, damit langsame Tiere gibt und dass diese deswegen sehr viel leichter zu erbeuten sind als gesunde Tiere. Als Ursache dafür unterzuschieben zu wollen, dass Beutegreifer in unserem modernen Sinne selektiv (weidgerecht) jagen, kann ja wohl nicht ernst gemeint sein. Denn wenn sich in einer Gruppe Karibus keine schwachen Tiere befinden, wird eben ein gesundes Stück zur Beute, ebenso, wenn ein Einzelstück wie z. B. ein Elch angegriffen wird. Das Wolfsrudel, der Bär wird es versuchen – und allenfalls dann ablassen, wenn es sich erweist, dass das Risiko eigener Verletzungen zu hoch ist. Wenn man so will, eine aus der Situation heraus erstellte Kosten- Nutzen- Analyse also. Ansonsten stirbt der gesunde, kräftige Elch.

Und bei der Hauptbeute des Wolfs in Deutschland, dem Reh, gilt das gleiche: Als territorial lebende Spezies spielt der körperliche Zustand bei der Prädation keinerlei Rolle. Jagt der Wolf zufällig in seinem / ihrem  Revier, wird auch der stärkste Bock, die stärkste Ricke Beute. Und beim eleganten Luchs z. B. spiegelt die Jagdstrecke ziemlich genau den Aufbau der Beutetierpopulation, bei uns meist Rehwild,  denn als Lauerjäger nimmt er das, was das Pech hat, seinen Weg zu kreuzen, also ziemlich genau den Querschnitt der Beutetierpopulation im Hinblick auf das Verhältnis krank und gesund, alt und jung. Um es noch einmal klar herauszustellen: Kein Beutegreifer nimmt, im Gegensatz zu uns „modernen“ Jägern, irgendwelche Rücksicht darauf, ob sein Beutetier eventuell gerade ein Kalb / Kitz führt, ob es im Hinblick auf seine besonders gute Konstitution geschont werden sollte, ob es auf der Roten Liste steht oder dass gerade keine Jagdzeit ist. So viel zur viel zitierten, „natürlichen“ Jagd.

Die Methoden der Jagdgegner

Aber all das wirft eben ein bezeichnendes Licht auf die Argumentation unserer Jagdgegner, die sich dieser Dinge nur allzu bewusst sind. Nota bene, ich rechne hierzu nicht unsere ernsthaften Kritiker, die der Jagd an sich positiv gegenüberstehen, aber eben begründete Kritik anbringen in Bereichen, die verbessert werden können. Nein, ich rede hier von den fundamentalen Gegnern, die Jagd an sich rigoros ablehnen, meist aus plump vorgeschobenen pseudo- ethischen Gründen, und die dann zur Durchsetzung ihrer so überirdisch ethisch- edlen Motive höchst irdische, höchst unethische Methoden anwenden: Sie wissen dabei, dass sie in kleinen Schritten vorgehen müssen, um den Bundesbürger nicht zu verprellen, der ja an sich in der Grundtendenz die Jagd positiv sieht; die Manipulation hat also nur in kleinen Schritten zu erfolgen. Man schlägt den Sack und meint den Esel: Der Sack, der geschlagen wird mit dem Knüppel dieser „Ethik“, ist die angebliche Verletzung von Grundsätzen des Mitleides mit der gejagten Kreatur, sind Einzelfälle wie die Verletzung von weidmännischen Grundsätzen wie z. B. das Erlegen von Alttieren vor dem Kitz/ Kalb, die eben manchmal vorkommen und einfach nicht zu vermeiden sind, genauso wenig wie Kometeneinschläge und Autounfälle.

Nützliche Vehikel sind aber auch Dinge wie die jeweils aus gegebenem Anlass schrittweise Verschärfung des Waffenrechts bis hin zum Verbot von Waffen in Privathand generell, das Verbot von bleihaltiger Munition und ähnliches mehr; steter Tropfen höhlt den Stein. Der Esel, der getroffen werden soll, ist nichts weniger als die Jagd an sich. Abgesehen davon, dass die Regeln des weidmännischen Verhaltens, die uns immer wieder vorgehalten werden, von uns Jägern entwickelt wurden und nicht etwa von anderen Naturschützern, verlieren diese Leute auch kein Wort darüber, dass es sich jeweils um Einzelfälle handelt, die keinesfalls die Regel sind, sondern absolute Ausnahmefälle, die auch entsprechend geahndet werden. Dass sie demgegenüber an anderer Stelle viel größere Verletzungen dieser Prinzipien aber völlig widerspruchslos in Kauf nehmen, ja sie als angebliche „natürliche“ Jagd sogar noch vehement verteidigen- niemanden stört´s.

Und das lässt doch nur einen Schluss zu: Die Bemühungen, die Jagd bei uns völlig abzuschaffen bzw. sie, wie in Holland, schleichend unmöglich zu machen, sie sind sämtlich nur Mittel zum Zweck, kein Ziel an sich; denn der Zweck ist nichts weniger als die Erlangung und Erhaltung der Kontrolle über eine geschickt und massiv manipulierte Öffentlichkeit, die die Perfidie dieser Argumentation und ihre offensichtlichen und systemimmanenten Widersprüche nicht erkennt. Was dabei herauskommt, habe ich anlässlich eines ausführlichen Leserbriefes in der DJZ (Ausgabe 2, 2006, „Komplexe und Neurosen“) schon einmal klar ausgesprochen: Ein Freiluftpanoptikum, das von diesen Leuten gottgleich (und mitleidslos) beherrscht wird, unter Ausschluss der ignoranten Masse, die ihnen zwar zu diesem Ziel verholfen hat, aber nach Erreichen dieser Position nicht mehr gebraucht wird.

Einen Ausblick darauf, was uns erwartet, wenn wir nicht reagieren, bietet unser Nachbarland Holland (s. dazu auch Oostvaardersplassen – Naturschutz pervers unter Jagd + Naturschutz).

Ich denke, es wird Zeit, die Dinge wieder gerade zu rücken. Wo leben wir denn?

Kirchveischede, im Mai 2008

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

Moderne Jagd vs. edler Wilder

oder:

Wie man mit seiner eigenen Argumentation Schiffbruch erleiden kann….

Ein Artikel in „Wild und Hund“, in dem auszugsweise der Autor und Berufsjäger Kai- Uwe Denker aus seinem Buch „Entlang des Jägers Pfad“ zitiert wird, hat mir Anlass gegeben, meine Gedankengänge zum aufgefassten Thema einmal zu Papier zu bringen; in dieser zitierten Passage vergleicht er unsere moderne Jagd mit der „naturgemäßen“ Jagd von Naturvölkern.

Es ist schon beschämend, wie der moderne Jäger dem armen Wild mit hochtechnisierter Ausrüstung und elektronischen Hilfsmitteln auf den Leib rückt. Fast möchte man sagen, dass es sich überhaupt nicht mehr um Jagd handelt. Man mag nun sagen, dass ich dann auch konsequent sein und mit Pfeil und Bogen jagen müsse. Ich sehe dies jedoch etwas anders.

Ich habe sowohl mit Buschmännern als auch mit Pygmäen gejagt. Diesen „Urjägern“ ist es völlig egal, wie sie an Fleisch kommen. Wenn sie mit Bogen oder Lanze jagen, so wählen sie das erste Stück Wild, dessen sie habhaft werden können und suchen aus einer Herde von Antilopen immer jenes Tier aus, das ihnen am nächsten steht und deshalb am leichtesten zu erbeuten ist. Wir, die jedoch den besonderen Reiz bei der Jagd suchen und gezielt starke Trophäen erbeuten wollen, legen uns besondere Spielregeln auf, die so genannte Jagdethik. Wenn man dabei auf übertriebene technische Hilfsmittel verzichtet und nicht auf Entfernungen schießt, die nicht auch mit bloßem Auge über Kimme und Korn zu bewältigen wären, so unterscheidet sich die Schwierigkeit einer solchen Jagd in keiner Weise von der Fleischjagd früherer Zeiten mit Pfeil und Bogen. 

Es ist einfach ein Unterschied, ob ich aus einem aufmerksamen Rudel Wild, das weit verteilt ist, gezielt den alten Bullen herausholen muss oder einfach das nächstbeste Stück am Rande des Rudels erlege. Jage ich mit Pfeil und Bogen, so wird es in vielen Fällen unmöglich sein, an den alten Bullen heranzukommen. Jage ich mit der Schusswaffe, so ist es reizlos, einfach irgendein Stück zu erlegen. Hieraus ergibt sich der Reiz der Trophäenjagd auf einen schlauen und alten Trophäenträger.

Viele Jäger, die heutzutage mit Pfeil und Bogen jagen und den Anspruch erheben, die Urform der Jagd zu betreiben, tun nichts weiter, als in irgendwelchen Verstecken auf das Wild zu warten, um es dann aus dem „Hinterhalt“ zu beschießen. Ebenso wichtig ist für mich ein anderer Aspekt: Mit einer Schusswaffe lässt sich schnell und human töten. Als ich an dem Buch „Jagen in Namibia“ arbeitete, benötigte mein Bruder für die Illustrationen eine Vorlage eines Roten Feldhasen. Nirgendwo konnten wir ein gutes Foto finden. Als ich zu dieser Zeit einmal in einer gebirgigen Region unterwegs war, sprang vor meinen Füßen ein solcher Hase auf und flüchtete zwischen einige Felsbrocken. Ich hatte nur eine großkalibrige Büchse bei mir, deshalb legte ich die Waffe zu Boden und hob einen faustgroßen Stein auf. Nun näherte ich mich dem Versteck des Hasen, und als er erneut flüchten wollte, gelang es mir, ihn mit einem glücklichen Wurf zu treffen und so schwer zu verletzen, dass ich nach ihm greifen und ihn töten konnte. (Original: so dass ich danach greifen und töten konnte.)

 

Man könnte nun sagen, dass diese Jagd mit primitivsten Mitteln besonders befriedigend gewesen sei. Doch mir erschien die Sache roh und grob, und es machte mir nicht die Freude, die eine gute Pirsch und ein sauberer Schuss mit einem Kleinkalibergewehr bereitet hätte.

So weit der Artikel bzw. das Zitat Denkers. Man könnte meinen, dass dazu wirklich nichts mehr zu sagen ist, außer dass man das Thema vielleicht in einen etwas größeren, aktuelleren Zusammenhang zu stellen versucht. Ich habe mich schon vor einiger Zeit zu einem Artikel des Spiegel über die moderne Bogenjagd, die kommentarlos als angeblich so faire Jagdweise in den Himmel gehoben wurde, entsprechend geäußert; erwartungsgemäß, weil mit einer deutlichen Prise Sarkasmus ob der naiven und eilfertigen Gutgläubigkeit des Reporters geschrieben, nicht veröffentlicht.

Man kann nämlich noch einiges dazu sagen. Nehmen wir die Jagd sogenannter Naturvölker, seien es die Khoi- San Südafrikas bei ihrer Buschjagd, seien es einige Nordvölker, denen im gewissen Umfang z. B. die Waljagd, auch auf Großwale, noch gestattet ist. Niemand, kein Walschützer und auch kein noch so militanter Jagdgegner, würde wagen, dieses Recht in Frage zu stellen. Um es klar zu machen: Auch ich nicht, weil es ihr angestammtes Recht ist, offensichtlich seit Jahrtausenden funktioniert und weder die Welt an sich noch die Natur in irgendeiner Weise geschädigt hat. Nur habe ich als aktiver Jäger ja auch nicht einen solchen Bruch zu erklären wie diese Gegner, die dabei ja nicht nur hier eine Ausnahme von ihrer geheiligten Regel machen müssen. Denn eines muss erlaubt sein klarzustellen: Es werden damit ohne wenn und aber Jagdmethoden akzeptiert, die unserem Verständnis von weidgerechter Jagdausübung diametral entgegenstehen, einem Verständnis, das, nebenbei bemerkt, von „unseren“ Jagdgegnern im Zusammenhang mit unserer modernen Jagd nicht nur vehement eingefordert wird, sondern in seiner Ausprägung vielfach als viel zu lax bezeichnet wird. Es wäre eigentlich zum Lachen, wenn es nicht wirklich so traurig und verlogen wäre.

Das fängt damit an, dass, s. o., ein Buschmann das nächstbeste Stück schießen wird und es ihm völlig egal ist, ob es sich eventuell um ein führendes Stück handelt und dessen Kalb oder Kitz dadurch zum sicheren Tod verdammt ist. Er nimmt es in Kauf, auch in der sicheren Erkenntnis, dass die Natur für dieses Jungtier ohnehin Verwendung hat, nämlich als Nahrung für die Jungen des z. B. nächstbesten Schakals, der, wäre die Mutterantilope noch am Leben, wenig Chancen gehabt hätte, dieses Kitz zu erbeuten. So aber überleben seine Jungen. Sage mir nun einer, was ethisch höher zu bewerten ist. Dem Khoi- San- Jäger würde beispielsweise auch Kritik an einer seiner üblichen Jagdmethoden, der Schlingenstellerei, wie Gerede über die Rückseite des Mondes vorkommen; er würde solche Kritik auch gar nicht verstehen können, weil ihm hierzu ganz einfach das logische Instrumentarium, das Bewusstsein, neudeutsch die Software fehlt.

Natürlich fühlt ein Buschmann- Jäger Empathie mit lebenden Tieren, er käme gar nicht auf die Idee, sie vorsätzlich zu quälen, und natürlich liebt er die Natur und würde sie um nichts in der Welt gefährden wollen, inklusive des Wildbestandes in ihr. Aber bei der Jagd hat er eben eine andere Sicht der Dinge, passt sich seiner natürlichen Umwelt an. Er käme aber bei der eigentlichen Jagdausübung gar nicht auf die Idee, innerartliche ethische und soziale Aspekte wie Tötungshemmung oder Empathie auf das einzelne Stück Wild zu übertragen. Deswegen nimmt er die Qualen des Wildes, das langsam in seiner Schlinge erdrosselt wird, genauso hin wie Panik, Todesangst und langsames Ersticken der Antilope, in Ausnahmefällen sogar des Großwildes bis hin zu Giraffen, die vom vergifteten kleinen Pfeil des Buschmannjägers getroffen und beileibe nicht auf der Stelle getötet werden. Dazu sind Pfeilverletzungen auf Grund der geringen kinetischen Energieabgabe generell nicht in der Lage, erst recht nicht die aus unserer Sicht lächerlichen „Flitzebögen“ dieser Urjäger. Es ist übrigens auch völlig unerheblich, wo genau der Pfeil trifft, wenn er nur irgendwo im Tierkörper landet: Ihre Pfeile sind mit einem absolut tödlichen Gift versehen, das sie aus bestimmten Käferlarven gewinnen. Es tötet zwar auch nicht, wie bei uns zwingend gefordert, auf der Stelle. Getroffenes Wild geht, je nach Größe und Konstitution, noch meilenweit und stirbt unter großen Qualen, nämlich durch Lähmung der Atemmuskulatur, vulgo durch Ersticken. Aber es stirbt ganz sicher, und das bedeutet Fleisch für die Familien der Jäger – nichts Anderes zählt. Das stellt keine Herabwertung dieser Menschen und ihres jägerischen Könnens dar, ganz im Gegenteil. Was diese Jäger aufzuweisen haben an Kenntnis über das Verhalten ihres Jagdwildes, an Fährtenkunde und der Fähigkeit, Wildfährten auszuarbeiten und zu deuten, überfordert unsere Vorstellungskraft. Auch müssen sie auf Abstände von maximal 25 bis 30 Meter an ihr Jagdwild heran, denn weiter können sie mit ihren primitiven Bögen zielgenau gar nicht schießen. Allein das ist schon schwierig genug, und schon allein aus diesem Grund können sie es sich gar nicht erlauben, zu selektieren! Deshalb wären die Vorschriften unserer Jagdgesetzgebung in Bezug auf die Regeln der Weidgerechtigkeit für sie allenfalls böhmische Dörfer, wenn nicht blanker Unsinn und reine Naivität.

Ebenso die (wenigen) Eskimo- oder, in der Altwelt, Aleuten- und Tschuktschenvölker, denen heute noch die Jagd z. B. auf Großwale gestattet ist: Niemand nimmt Anstoß daran, dass hoch soziale, hoch empfindungsfähige Tiere über Stunden mit schmalblättrigen Harpunen traktiert werden, so lange, bis eine dieser Harpunen dann tatsächlich rein zufällig einmal eine so große innere Verwundung bewirkt, dass der gejagte Wal langsam innerlich verblutet. So eine Jagd kann sich über Stunden hinziehen, der Stress des angegriffenen Tieres, seine stundenlange Todesangst, seine Schmerzen und seine Panik, all das wird von diesen „Urjägern“ in Kauf genommen. Sie haben Hunger und wollen überleben, sagen sich auch, dass der gewaltsame Tod des Wals beispielsweise durch Orcas, die durchaus auch Großwale jagen, nicht weniger schlimm ist. Um es klar zu sagen: Sie haben Recht, sowohl Buschmänner als auch Innuit, Aleuten und Tschuktschen. Es ist eben etwas anderes, wenn man von einer Couch aus, sozial in üppigster Weise abgesichert und ohne jegliche Existenz- und Nahrungssorgen, über Jagd, Jagdmethoden und deren Stellenwert und Berechtigung philosophiert (dazu meist als Nichtjäger) als direkt und unmittelbar als Betroffener.

Man sollte an dieser Stelle auch einmal mit einem lieb gewordenen Stereotyp aufräumen, das allgegenwärtig ist in den Köpfen unserer Bevölkerung, nämlich mit der Meinung, dass Luchse, Wölfe, Bären, kurz alle Beutegreifer der „freien Natur“, ja nur alte und schwache Beutetiere fressen, kurz „edle Wilde“ sind. Konstruiert wurde es von unseren „Naturfreunden“, die nach dessen überaus erfolgreicher Implementierung nicht bereit sind, wieder auf diese so wirksame Waffe zu verzichten, es wieder zurechtzurücken und dahin zu verweisen, wohin es gehört, nämlich ins Reich der Utopie, denn es ist eine grobe Irreführung der Öffentlichkeit. Unser Raubwild jagt nämlich so, wie wir wirtschaften: Zutiefst ökonomisch. Sie nehmen das, was sie schnellstmöglich und unter geringstmöglichem Einsatz erbeuten können. Strenge Kosten- / Nutzungsrechnung also, und darin reiten sie auf der gleichen Welle wie unsere Buschmänner und Innuit (die ja auch den ersten besten Wal harpunieren, oder glaubt jemand ernsthaft, die tauchen erst und schauen nach, um was für ein Tier es sich handelt?). Bär, Wolf, Luchs – sie greifen das, was erreichbar ist, und wenn sie eine unvorsichtige führende, ansonsten vor Gesundheit strotzende Rehgeiß bekommen können, wird diese geschlagen. Als angenehme Beigabe bekommen sie in den allermeisten Fällen später das / die verwaiste(n) Kitz(e) sowieso.

Unbestritten ist, dass z. B. bei Wölfen als Hetzjäger der Anteil an kranken und schwachen Tieren bei ihrer Gesamtbeute weit überwiegt. Das ist einfach logisch, wenn auch ökologisch noch nicht einmal von ausschlaggebender Bedeutung für die Erhaltung einer Spezies als Ganzes: Ein Wolfsrudel konzentriert sich bei einem Angriff schnell auf das langsamste Tier einer Herde – ökonomisches Jagdverhalten eben. Dass das so ist, ist einfach die Wirkung aus der Ursache, dass es schwächliche, kranke, und (selten) alte, damit langsame Tiere gibt und dass diese deswegen sehr viel leichter zu erbeuten sind als gesunde Tiere. Als Ursache dafür unterzuschieben zu wollen, dass Beutegreifer in unserem modernen Sinne selektiv (weidgerecht) jagen, kann ja wohl nicht ernst gemeint sein. Denn wenn sich in einer Gruppe Karibus keine schwachen Tiere befinden, wird eben ein gesundes Stück zur Beute, ebenso, wenn ein Einzelstück wie z. B. ein Elch angegriffen wird. Das Wolfsrudel, der Bär wird es versuchen – und allenfalls dann ablassen, wenn es sich erweist, dass das Risiko eigener Verletzungen zu hoch ist. Ansonsten stirbt der gesunde, kräftige Elch. Und beim eleganten Luchs z. B. spiegelt seine Jagdstrecke ziemlich genau den Zustand der Beutetierpopulation, bei uns meist Rehwild, wider, denn als Lauerjäger nimmt er das, was das Pech hat, seinen Weg zu kreuzen, also ziemlich genau den Querschnitt der Beutetierpopulation im Hinblick auf das Verhältnis krank und gesund. Um es noch einmal klar herauszustellen: Kein Beutegreifer nimmt, im Gegensatz zu uns „modernen“ Jägern, irgendwelche Rücksicht darauf, ob sein Beutetier eventuell gerade ein Kalb / Kitz führt, ob es konstitutionsmäßig geschont werden sollte, ob es auf der Roten Liste steht oder dass gerade keine Jagdzeit ist. So viel zur viel zitierten, „natürlichen“ Jagd.

Aber all das wirft eben ein bezeichnendes Licht auf die Argumentation unserer Jagdgegner, die sich dieser Dinge nur allzu bewusst sind. Nota bene, ich rechne hierzu nicht unsere ernsthaften Kritiker, die der Jagd an sich positiv gegenüberstehen, aber zu Recht der Meinung sind, dass gerade moderne Jagd sich an geänderte Umstände, an neu gewonnene Ergebnisse der Wissenschaft und Wildtierforschung anzupassen hat. Nein, ich rede hier von den fundamentalen Gegnern, die Jagd an sich rigoros ablehnen, meist aus sogenannten ethischen Gründen, und die dann zur Durchsetzung ihrer so überirdisch ethischen Motive höchst irdische, höchst unethische Methoden anwenden: Sie wissen dabei, dass sie in kleinen Schritten vorgehen müssen, um den Bundesbürger nicht zu verprellen, der ja an sich in der Grundtendenz der Jagd positiv gegenübersteht; die Manipulation hat also nur in kleinen Schritten zu erfolgen. Man schlägt den Sack und meint den Esel: Der Sack, der geschlagen wird mit dem Knüppel dieser „Ethik“, ist die angebliche Verletzung von Grundsätzen des Mitleides mit der gejagten Kreatur, sind Einzelfälle wie die Verletzung von weidmännischen Grundsätzen wie z. B. das Erlegen von Alttieren vor dem Kitz/ Kalb, die eben manchmal vorkommen und einfach nicht zu vermeiden sind, genauso wenig wie Asteroiden- Einschläge und Autounfälle.

Nützliche Vehikel sind aber auch Dinge wie die jeweils aus gegebenem Anlass schrittweise Verschärfung des Waffenrechts bis hin zum Verbot von Waffen in Privathand generell, das Verbot von bleihaltiger Munition und ähnliches mehr; steter Tropfen höhlt den Stein. Der Esel, der getroffen werden soll, ist nichts weniger als die Jagd an sich. Abgesehen davon, dass die Regeln des weidmännischen Verhaltens, die uns immer wieder vorgehalten werden, von uns Jägern entwickelt wurden und nicht etwa von Natur“schützern“, verlieren diese Leute auch kein Wort darüber, dass es sich jeweils um Einzelfälle handelt, die keinesfalls die Regel sind, sondern absolute Ausnahmefälle, die auch entsprechend geahndet werden. Dass sie demgegenüber an anderer Stelle viel größere Verletzungen dieser Prinzipien aber völlig widerspruchslos in Kauf nehmen, ja sie als angebliche „natürliche“ Jagd sogar noch vehement verteidigen- niemanden stört´s.

Und das lässt doch nur einen Schluss zu: Die Bemühungen, die Jagd bei uns völlig abzuschaffen bzw. sie, wie in Holland, schleichend unmöglich zu machen, sie sind sämtlich nur Mittel zum Zweck, kein Ziel an sich; denn der Zweck ist nichts weniger als die Erlangung und Erhaltung der Kontrolle über eine geschickt manipulierte Öffentlichkeit, die die Perfidie dieser Argumentation und ihre offensichtlichen und systemimmanenten Widersprüche nicht erkennt. Was dabei herauskommt, habe ich anlässlich eines ausführlichen Leserbriefes in der DJZ schon einmal klar ausgesprochen: Ein Freiluftpanoptikum, das von diesen Leuten gottgleich (und mitleidslos) beherrscht wird, unter Ausschluss der ignoranten Masse, die ihnen zwar zu diesem Ziel verholfen hat, aber nach Erreichen dieser Position nicht mehr gebraucht wird.

Ein Schlaglicht auf diese krude Gedankenwelt bieten unsere Nachbarn in Holland. Weil nach meinungsbildender Ansicht ihrer „Naturschutzverbände“ Jagd unethisch ist, ist sie dort weitgehend unterbunden. Nun wurden in letzter Zeit katastrophale Zustände in so genannten „Schutzgebieten“ dokumentiert und öffentlich gemacht, die vom NABU und verwandten Organisationen unter dem alles erschlagenden Mäntelchen der natürlichen Unberührtheit bzw. mit dem Ziel eines sich selbst entwickelnden natürlichen Gleichgewichts betrieben werden: Dass sie überhaupt bekannt werden, ist nicht etwa kritischer Recherche geschuldet, sondern einer umwerfend naiv- dummen und willfährigen Übernahme der Vorstellungen dieser Gruppierungen durch große Teile unserer Medien, einer stillschweigenden Komplizenschaft, denn die angesprochene Sendung war ursprünglich als reiner Image- Beitrag für den Betreiber und die Idee dieses Gebietes gedacht – ein schlagender Beweis dafür, wie realitätsfern in ihrer gottgleichen Abgehobenheit diese Leute mittlerweile geworden sind! Man findet absolut nichts dabei, wenn unter der Regie solcher „Naturschutzverbände“ in diesen „Schutzgebieten“, die mit Konik- Pferden und Cerviden (Rot-, Damwild, Rehwild) besetzt sind, wegen katastrophaler Überweidung Tiere en masse an Hunger verrecken, nur um irgendwelchen Ideologen auf Kosten des Wildes die Möglichkeit zu geben, ihre Utopien ausleben zu können. Dokumentiert wurde das in der Sendung „Serengeti hinterm Deich“, Das Leben der Huftiere in Oostvardersplassen, hergestellt von Gerd Weiss im Auftrag des WDR, erste Aussendung 2008: 600 Konikpferde, 800 Heck- Rinder als so genannte Auerochsen und 1.200 Stück Rotwild auf 5.600 ha Fläche (inklusive Wasser-, Wald-, Buschflächen), Rehwild wird nicht erwähnt. Dazu kommen, als unmittelbare Nahrungskonkurrenten, Heerscharen an Flugwild, vor allem riesige Mengen an Gänsen. Wobei die es einfach haben: Sobald alles mit ihrer Hilfe bis auf die Bodenkrume abgeweidet ist, verstreichen die, weil sie eben fliegen können. Pferde, Rinder und Hirsche haben aber keine Shuttle- Dienst zur Verfügung, dazu sind die Holländer zu knauserig. Zugefüttert wird nicht. Also: Dableiben und verrecken. Wenn ein Landwirt auf 5.600 ha einen derart großen Bestand halten würde, dazu noch ohne Fütterung, würde man ihm, völlig zu Recht, sofort den Betrieb schließen, unter lebhaftem Sekundieren des NABU, und ihn wegen Tierquälerei umgehend vor Gericht stellen.

Ich habe schon einiges an bis auf die Graswurzeln heruntergefressenen Weiden gesehen, aber was da völlig ungerührt vom Leiter dieses „Naturschutzgebietes“ gezeigt und vorgeführt wurde, das schlug dem Fass den Boden aus. Eine bezeichnende Szene zeigt, wie ein Mitarbeiter des Schutzgebietes ein vor Hunger zusammengebrochenes, ihn aus seinem Schlammloch aufmerksam anblickendes Rind mit dem Gewehr bis auf 20 Meter angeht (von vorn natürlich, das Tier hat ja keinen Stress, weil es ja weiß, dass da kein Jäger, sondern ein gut meinender Naturschützer kommt) und es frisch, fromm und frei totschießt. Freimütig wird erzählt, dass dieses Tier schon vor Tagen eingebrochen ist und man es hat liegen lassen, wohlgemerkt bewusst, kommentiert mit dem Hinweis, in der Natur könne in einem solchen Fall auch niemand helfen. Wohl wahr, aber in der Natur kommt es erst gar nicht dazu, dass Tiere verhungern, zumindest nicht unter unseren klimatischen Bedingungen, weil Wildtiere unter natürlichen Bedingungen die Möglichkeit hätten, abzuwandern und / oder weil hier die Jagd, ob durch tierische oder menschliche Beutegreifer, regulierend eingreifen würde und ein solches Szenario, wie es in diesen „Schutzgebieten“ zu beobachten ist, überhaupt nicht entstehen ließe. Denn käme es in der – realen – Natur tatsächlich zu einem solchen Szenario, wären sehr schnell Großräuber zur Stelle und würden das Drama sehr schnell beenden.

Mit der gleichen Ungerührtheit wird hingenommen, dass auch Rotwild im Winter reihenweise verhungert. Und der Sprecher in diesem Sendebeitrag, scheinbar hoch beglückt über dieses tagelange Verrecken, deklamiert, dass ein Jäger jetzt karrenweise Futter ins Revier bringen würde, hier könne das Wild aber in Würde und natürlich sterben! Das hier ist keine Satire! Sancta simplicitas! Machen Sie doch mal eine Umfrage bei den betroffenen Tieren, was denn nun würdevoller oder angenehmer ist, wochenlanges Verrecken an Hunger und damit einhergehenden Krankheiten oder ein Sekundentod durch einen Jäger – was glauben Sie, würden die antworten? Verständnisvoll wird kommentiert, dass, wo gehobelt wird, eben Späne fallen; irgendwann werde sich dies schon einpendeln zu einem natürlichen Gleichgewicht. Ja wie denn, ohne Groß- Beutegreifer? Jagd findet ja offensichtlich als Ausgleich dazu nicht statt. Das Ganze wird im Übrigen fast vollständig mit Steuergeldern finanziert.

Wenn es für sich selbst gehen soll, ohne menschliche Jagd, in Ordnung, denn das geht ohne Frage. Dann macht es aber konsequent wie die Amerikaner, da kann man viel lernen, z. B. im Yellowstone National Park. Da gibt´s nämlich Wölfe und Bären und Luchse (die die Holländer in ihrer Puppenstube natürlich nicht haben wollen, die könnten ja beißen, und so weit geht die Naturliebe natürlich nicht). Da verhungert kein Tier und wird dabei mit wohligen Wohnzimmerschauern über die gnadenlose Natur auch noch dabei gefilmt. Lange bevor es langsam an Hunger oder Krankheit verreckt, wird es erbeutet, es stirbt relativ schmerzlos, auf jeden Fall aber schnell, und dient damit anderen Tieren zum Überleben. Da gibt es deswegen auch keine Überpopulationen und keine völlig blank gefressenen Landstriche. Aber die Amis sind eben auch realistische Naturfreunde, vor allem sind sie keine militanten Jagdgegner, weil sie wissen, dass auf Jagd in menschenbesiedelter Kulturlandschaft gar nicht zu verzichten ist, will man die hier zwangsläufig gestörten Systemabläufe einigermaßen austarieren. Mit anderen Worten: Sind keine Groß- Beutegreifer da, muss durch Menschen gejagt werden. Vor allem aber ist die Jagd für sie eine völlig umweltkonforme Ressourcennutzung. Wenn man das nicht will, muss man von größeren Beständen an Huftieren und Paarhufern eben Abstand nehmen. Ideologisch fehlgesteuerter Amateur darf man zwar sein, schließlich leben wir in freien und demokratischen Gesellschaften, aber nur so lange, wie man durch seine fehlgeleitete Gefühlsduselei sonst niemandem schadet. Wenn aber unsere Viecher das auszubaden haben, die keine Möglichkeit haben, auszuweichen oder sich zu wehren, dann nenne ich das nicht fahrlässig, nicht gut gemeint, aber eben nur dämlich, nein, dann nenne ich das kriminell.

In die gleiche Reihe gehören die Pläne zur Regulierung der Wildgansbestände: Erst unter dem Druck des „Naturschutzes“ von der Jagd ausgenommen, wuchsen die Bestände rasant an, mit den Folgen, die bereits bei Unterschutzstellung exakt vorausgesagt wurden. Nachdem die wachsenden Schäden dann nicht mehr tragbar waren, kam Druck durch die wirklich Geschädigten auf. Ein normal denkender Mensch würde jetzt fragen: „Wo ist das Problem? Geben wir wieder die Jagd frei.“ Weit gefehlt, nicht in Holland wie wohl nirgendwo, wo der „Naturschutz“ regiert. Völlig außer Rand und Band geraten wird ernsthaft zur Diskussion gestellt, die Tiere en masse einzufangen (Lebendfang), in Kisten zu sperren, zu Sammelplätzen zu bringen und dort zu vergasen. Tröröö!! Die Jagd wieder zulassen? Um Himmels willen, undenkbar, das hieße ja Fehler einzugestehen, und ideologische Positionen sind nun einmal, auch gegen jede Vernunft, mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Die Öffentlichkeit könnte ja bemerken, dass eine erkleckliche Anzahl nach und nach entstandener, mit Steuermitteln ordentlich bezahlter Pöstchen schlicht überflüssig sind, dass man die Regulation nicht nur umsonst haben kann, sondern darüber hinaus über Jagdabgaben noch veritable Einnahmen erzielen könnte und dass man, der Gipfel, auf diesem Wege auch noch wertvolles Wildbret erhalten könnte.

Der Gänsepopulation an sich ist es völlig egal, wie der jährliche Blutzoll zu entrichten ist, so lange die Spezies an sich nicht im Bestand gefährdet ist; dem Individuum gegenüber ist nichts so erbarmungslos wie die Natur. Wenn nicht, egal durch wen, gejagt wird, reguliert sie die Bestände durch Infektionen und Seuchen, im schlimmsten Fall durch Verhungern. Nun sieht es ja nicht gerade schön aus, wenn Touristen in den Dünen auf einmal massenhaft verreckte Wildgänse sehen, das ist einmal dem Image, zum anderen dem Fremdenverkehr abträglich. Also lassen wir uns etwas einfallen: Anti- Baby- Pillen verweigern die Viecher. Jagd geht nicht, das wäre die Insolvenzeröffnung über das ideologische Gedankenvermögen. Also einfangen und vergasen. Ohne Spaß, das wurde gemacht!! Man fasst sich an den Kopf: Leute, die das Desaster gegen vielfältige Warnungen verursacht haben, haben nach wie vor Meinungshoheit bei der Debatte, wie die Misere behoben werden soll, und der Bürger, der diesen Nonsens und diese Tierschinderei bezahlt, lässt sich tatsächlich auch noch den größten Schwachsinn aufdiktieren. So kann man sich selbst entmündigen. Das ist, als hätte man Hermann Göring in Nürnberg zum Vorsitzenden eines Auschwitz- Wiedergutmachungs- Fonds gemacht. Oder, um es mit Albert Einstein zu sagen: Man kann ein Problem nicht mit den gleichen Denkstrukturen lösen, die zu seiner Entstehung ursächlich waren!

Der gleiche Gutmensch- Journalist, der ähnliche Missstände z. B. in einem vom DJV bewirtschafteten Jagdrevier filmen würde, würde (völlig zu Recht) ein derartiges Fass aufmachen, einen derartigen medialen Aufstand entfachen, dass die russische Revolution sich dagegen wie ein Halmaspiel ausnehmen würde. Aber hier? Ist ja gut gemeint. Dass diese Leute auch schon unter dem Meinungsdiktat dieser Naturschutzverbände angekommen sind, scheint ihnen, die ja von Berufs wegen ein Höchstmaß an Fähigkeit zur kritischen Betrachtung der Dinge und Durchblick für sich in Anspruch nehmen, noch gar nicht aufgegangen zu sein. Wie wäre es, meine Damen und Herren, mit tatsächlicher Objektivität? Wie wäre es damit, diese Skandale einmal öffentlich zur Diskussion zu stellen, sie kritisch zu hinterfragen, ja sich überhaupt einmal dazu zu bequemen, sie zur Kenntnis zu nehmen? Wie wäre es damit, diese selbstgerechten, völlig aus dem Ruder gelaufenen Naturschutz- Apostel wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen, z. B. bei der haarsträubend unsinnigen Kormoran- Debatte? Wie wäre es damit, das Publikum einmal ernsthaft mit objektiven Fakten zu versorgen, zur Diskussion zu stellen, was denn bitte unsere moderne, selektive, weidgerechte, durch Verordnungen regulierte und auch behördlich überwachte Jagd so schlimm macht im Gegensatz zur „naturgemäßen“ Jagd der Naturvölker und Beutegreifer? Das Zufallsprinzip, dem diese folgt? Das könnten wir auch. Nur wollen wir es nicht, weil wir unter ganz anderen Bedingungen, mit anderen Zielen und mit ganz anderen Möglichkeiten jagen als sie, weil wir im Gegensatz zu ihnen über die technischen Voraussetzungen verfügen, die eine moderne, selektive Jagd überhaupt erst möglich macht. Der Natur ist die Jagdmethode völlig egal, sie verkraftet die eine wie die andere ohne jedes Problem. Einmal vorausgesetzt, das einzelne Wildtier wäre in der Lage zu entscheiden, wie es zu Tode kommen will, es würde, da bin ich mir sicher, unsere moderne Jagd bevorzugen, ohne Schlingen und stunden- und tagelanges Sterben und Quälen, ohne Gift, ohne Fallgruben, mit kurzem, schnellem Ende.

Dass NABU und andere von sich aus diese Dinge einmal zur Rede bringen, ist wohl nicht zu erwarten, schon weil sie aus eigener Kraft ihre Positionen gar nicht mehr aufgeben können, festgefahren und stereotyp, wie sie in ihren Strukturen und Argumentationen geworden sind. Es ist schließlich ein Riesengeschäft geworden, mit Arbeitsstellen und gut dotierten, einflussbringenden Funktionärsposten und –pöstchen, kurz, sie sind samt und sonders korrumpiert. Und die Erfahrung lehrt, dass noch nicht einmal Cluny an so etwas ändern kann: Es gibt zahllose Beispiele in der Geschichte dafür, wie Bewegungen, die anfangs durchaus ihre Berechtigung hatten, durch übermäßiges und kritikloses Hätscheln durch Zeitgeist und Öffentlichkeit mit der Zeit völlig ihr Maß verloren haben, ein unkontrollierbares Eigenleben entwickelt und ihre ursprünglichen Ziele ins Gegenteil verkehrt haben. Eben weil sie durch diese erzeugte, auch manipulierte öffentliche Meinung es geschafft haben, sich auf den Sockel des unbedingten Wahrheitsanspruches gestellt zu haben und sich dadurch geschützt wissen, egal, was immer sie tun. Es ist nun einmal so: Zeitgeist und öffentliche Meinung werden entscheidend durch unsere Publikationsorgane beeinflusst. Presse- und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, und dementsprechend verantwortungsvoll muss man damit umgehen, denn auch tendenziöse, nicht seriös gegenrecherchierte Berichterstattung wird vom Bürger als Tatsache hingenommen, mit dem entsprechenden Ergebnis. Dass das nicht nur in Gesellschaften vorkommt, deren Medien der Zensur durch den Staat unterliegen, sondern durchaus auch in freien Gesellschaften wie unserer, haben wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erlebt.

Ich denke, es wird Zeit, die Dinge wieder gerade zu rücken. Wo leben wir denn?

Kirchveischede, 16. Mai 2012

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

Leergeschossen!

Bier und Stammtische sind eine herrliche Sache. Es gibt auch nirgends so viele Experten wie da. So lange man über sich selbst redet und lacht, ist das sogar eine sympathische Einrichtung. Das baut Stress ab und dient der sozialen Hygiene. Ärgerlich wird es, wenn über andere getratscht wird und dabei wissentlich Lügen verbreitet werden. Genau so ärgerlich, wenn nur um des Tratschens willen, ohne eigene Kenntnis der Sachlage, Tratschereien als Fakten weiterverbreitet werden. Das gilt für alle Lebensbereiche, damit eben auch für die Jagd. Dass das Ganze so alt ist wie die Menschheit, macht es nicht automatisch sympathisch; es ist und bleibt in jedem Einzelfall zumindest ärgerlich für den, die Betroffene(n), und es gibt sicher niemanden, der in seinem Leben nicht schon mal Betroffene(r) war. Wie schon gesagt, die Jagd ist davon nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern das Phänomen findet sich gerade hier in seiner manchmal ausgeprägtesten Variante. Ich will eine davon als ehemals Betroffener zur Verdeutlichung kurz schildern. Was war passiert?

Etwas eigentlich Alltägliches, nämlich ein ganz banaler Wechsel des Revierpächters. Das Revier O. hatte ab dem 1. April einen neuen Pächter. Bisheriger Pächter war ich mit Freund G. Der Preis war absolute Obergrenze. Es war trotzdem eine schöne Zeit. Es gab keine größeren Probleme, mit einer Ausnahme: Unmittelbar nach der Anpachtung wurde ohne Ankündigung und Absprache kräftig gegattert, ca. 15 ha, zusammen mit den vorhandenen Gatterflächen insgesamt deutlich über 15 % der gesamten jagdbaren Fläche. Wir haben das akzeptiert, um des lieben Friedens Willen. Bei der Anschlussverpachtung allerdings waren wir nicht mehr bereit, das zu zahlen und haben unser Angebot reduziert, nämlich um den Pachtpreis für die Gatterflächen.

Noch draufgelegt, und zwar über die volle Fläche, hat aber ein Jagdgenosse, und den Zuschlag bekommen. Es ist völlig in Ordnung, wenn ein Bieter im Wettbewerb ein Revier anpachtet, wir leben in einer Demokratie. Wenn er selbst Jagdgenosse ist, muss man ihm unterstellen, dass er das Revier kennt. Wenn er es trotz dieser internen Kenntnisse dann überteuert anpachtet, kann man sich zwar wundern, aber weiter vermuten, dass er dafür Gründe hat. Scheinbar ist das aber oft nicht so, und was dann folgt, passiert öfter, als man glaubt, nur registriert man es als direkt Betroffener wohl intensiver. Es war offensichtlich ein so genannter „Kaufkater“ eingetreten. Aber auch das wäre ein alltägliches Phänomen. Schlimm wird es erst, wenn dann verbreitet wird, das Revier wurde vom Vorgänger „leergeschossen“. Der normale Mensch fragt sich, stimmt das? Wenn ja, erübrigt sich jeder Kommentar. Wenn nein, warum solche Behauptungen? Darum eines nach dem anderen.

Wir hatten in unseren Pachtjahren in O. unseren Abschuss an weiblichem Rehwild und Kitzen immer erledigt, und zwar anlässlich unserer (einzigen) jährlichen Drückjagd. Immer am ersten Samstag im Dezember. Immer absolut sauber, d. h., ohne dass je eine Nachsuche nötig wurde. Der relativ späte Termin deswegen, weil erstens der Unterwuchs zu diesem Zeitpunkt bereits gelichtet ist, zweitens beim ungewollten Abschuss einer Ricke das Kitz dann bessere Chancen hat, den Winter zu überstehen und drittens, weil um den Monatswechsel November / Dezember überdurchschnittlich oft eine Schönwetterphase auftritt. Danach war Ruhe! Jeder Jagdwissenschaftler, jeder Wildbiologe empfiehlt das als entschieden schonendste Jagdmethode, und zwar für Wald und Wild. Ich gehe noch weiter und behaupte, die schönste auch für Jäger. Denn bei uns wurde Strecke gemacht, alles war durchorganisiert, dementsprechend waren sowohl der Zulauf zu unserer Jagd als auch die Reaktionen darauf. Bezeichnenderweise löste diese Jagd trotzdem immer aufgeregte Diskussionen bei der jägerischen Umgebung aus, wohl hauptsächlich wegen der regelmäßig überdurchschnittlichen Strecke. Gedacht wurde: Wie machen die das bloß? Zu hören war: Die schießen das Revier leer (wow, jedes Jahr!!). Offen angesprochen wurden wir nie. Einladungen an die Nachbarn wurden mit schöner Regelmäßigkeit ausgeschlagen bzw. in letzter Stunde abgesagt. Banale Tatsache ist, dass wir einfach unsere Abschussplan- Vorgaben für weibliches Rehwild, vor allem Kitze erfüllt haben.

Man kann über Abschusspläne denken, wie man will, eines ist Fakt: Sie sind gesetzlich vorgeschrieben und nach meinem Rechtsverständnis verbindliche Vorgabe und keine freundliche Empfehlung, an die man sich halten kann oder nicht. Die Revierinhaber werden nicht umsonst an der Aufstellung beteiligt. Und auf jedem Abschussplan ist der Bockabschuss ausdrücklich als Maximalvorgabe, der Ricken- und Kitzabschuss ausdrücklich als Mindestvorgabe ausgewiesen. Sie können folgen? Wir hätten locker mehr schießen können, wenn wir gewollt hätten, haben uns aber auf die angemeldeten 9 Stücke beschränkt. Im Klartext: Wir sind unseren gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen, nichts mehr, nichts weniger. Wenn einige Überjäger uns das dann als „Leerschießen“ auslegen, muss man diesen Leuten logischerweise unterstellen, dass keiner von ihnen seinen Verpflichtungen nachkommt. Wie auch? Der Abschuss an weiblichem Rehwild und Kitzen ist mit Ansitzjagd fast nicht zu schaffen. Anderes fällt manchen Experten aber nicht ein. Also lässt man´s ganz. Und wozu auch der Stress? Das ist mühsam, Trophäen sind nicht, kontrolliert wird´s eh nicht, der Himmel ist hoch, der Zar ist weit, und überhaupt, wir haben sowieso kein Rehwild mehr, von wegen Fallwild, Verkehrsopfer usw. usw.. Und dann sind ja da noch die Nachbarn, die alles leer schießen, und alle Rehe laufen dann zu denen und brennen darauf, sich aus purer Opposition nur von denen tot schießen zu lassen, also, ich weiß gar nicht, was ich denen (den Rehen) getan habe, usw. usw.

Ich will dazu gar nichts mehr sagen, weil ich es leid bin, permanent über (erwiesenen) Blödsinn zu debattieren. Man sollte wirklich einmal probeweise anregen, für weibliches Rehwild den körperlichen Nachweis zu fordern. Zumindest die Forstverwaltungen, allen voran die staatlichen, hätte man dabei garantiert auf seiner Seite. Dann würde sich auch sehr schnell herausstellen, wer sich dann noch mit ruhigem Gewissen Jäger nennen dürfte. Wie denn auch, wenn manche Jäger  nach Ablegung der Jägerprüfung offensichtlich den heiligen Eid geleistet haben, nach dieser heroischen Leistung nie wieder ein Fachbuch in die Hand zu nehmen bzw. sich sonstigen weiteren fachlichen Qualifizierungen zu unterziehen. Gejagt wird nach dem Motto: „Das hat schon unser Opa so gemacht“. Der wusste es nicht besser, und es war eine völlig andere Welt, sowohl von der Umwelt, der Reviergestaltung her als auch von der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit. Aber genau deshalb bestimmen unsinnig gewordene und abstruse „Weisheiten“ teilweise noch heute den jagdlichen Alltag.

Für die, die offensichtlich Probleme mit unserer Art zu jagen und mit dem regelmäßigen Erfolg unserer Herbstjagd haben, zum Mitschreiben: Das kann jeder. Voraussetzung ist aber, eigene (revierspezifische) Beobachtungen, Erfahrungen über Jahre zu ordnen, mit dem aktuellen Stand der Wildtierforschung abzugleichen, damit in Einklang zu bringen und das dann in die Praxis umzusetzen. Das bedeutet Arbeit und zumindest anfangs auch Frust, aber dafür macht es dann hinterher umso mehr Spaß. Nur „Horrido“, Trachtenanzug und salbungsvolle Worte über das edle deutsche Waidwerk reichen eben nicht. Zum Thema Jagd gibt es erstaunlich interessante Veröffentlichungen, die noch nicht einmal geheim sind. Zur Jagd im Allgemeinen lege ich jedem einmal ans Herz, einmal den Altmeister Hermann Löns zu lesen, hier vor allem sein „Kraut und Lot“; was dieser Mann vor über 100 Jahren bereits veröffentlicht hat, sollte eigentlich für jeden Jäger Pflichtlektüre werden. Dann Professor Dr. H. Kalchreuter mit „Die Sache mit der Jagd“; aber auch, ganz in unserer Nähe, Dieter Stahmann mit „Über die Jagd hinaus“, „Weidgerecht und nachhaltig“, der die Sache mit einem nachvollziehbaren und gut lesbaren philosophischen Ansatz angeht. Zur Rehwild- Bejagung empfehle ich angelegentlich die Lektüre von Fred Kurt, „Das Reh in der Kulturlandschaft“, und Bruno Hespeler, „Rehwild heute“. Beim Schwarzwild wäre hier u. a. Dr. Heinz Meynhardt, Prof. Lutz Briedermann, Bruno Hespeler und Norbert Happ zu nennen. Da kann man großartige Anleihen machen.

Man glaubt gar nicht, wie viel überlieferten und ausdauernd kolportierten Unsinn man danach über Bord werfen kann. Ich fürchte aber, dieser Ratschlag ist vergeudet. Das ist nämlich unter der Würde vieler „Überjäger“. Nur ein Beispiel. Ich habe zu der Zeit ein Seminar über Rehwildbejagung initiiert und organisiert, Referent war ein bundesweit anerkannter Jagdexperte, dazu ein ausgewiesener Praktiker, weil viele Jahre lang Berufsjäger, erfolgreicher Buchautor, darüber hinaus als Mensch erfrischend unkompliziert und sympathisch. So einer hat seinen Preis. Die Gesamtkosten inklusive An-, Abfahrt und Übernachtung beliefen sich auf ca. 1.200,00 €. Der Saal hätte gut 60 Teilnehmer gefasst, deswegen habe ich zur Kostendeckung pro Person eine Gebühr von 20,00 € angesetzt. Es erschien ein Hinweis- Artikel in einer örtlichen Zeitung. Ich habe persönlich mit zwei Hegeringleitern gesprochen bzw. korrespondiert. Hegeringleiter v. P.: Es will niemand. Hegeringleiter M.: 20,00 € sind viiieeel zu teuer. Nicht ausgesprochen, aber deutlich spürbar die Unterstellung, ich wolle mir nur die Taschen füllen. Das (abendfüllende) Seminar fand statt und war, wie erwartet, hochinteressant, lehrreich und spannend. Der anschließende gesellige Teil ist bei allen heute noch in guter Erinnerung. Die 30 Teilnehmer haben mit Sicherheit einiges mitnehmen können. Ich persönlich habe 600,00 € zugezahlt. Hat mich nicht umgebracht, ich habe daraus gelernt. Aber die Herrschaften, denen 20,00 € für das Seminar zu viel waren, müssten Sie mal z. B. bei „Jagd & Hund“ in Dortmund beobachten. Nur vom Feinsten! Die lernen es am Bierstand. 25,00 € pro Runde? Her damit, was sind schon 25,00 €?

Aber das nur am Rande. Kommen wir zurück zum Thema, zum Revier O. Hier wurde nichts leer geschossen, im Gegenteil. Wir haben, wie gesagt, während der gesamten Pachtperiode immer belegbar unsere Abschussvorgaben eingehalten, mit Ausnahme des letzten Jagdjahres. Da haben wir zwar den weiblichen Abschuss erfüllt (9 Stücke auf der Herbstjagd, exakt den festgelegten Abschuss), aber im Sommer davor lediglich 5 Böcke geschossen. Und, meine Herren Experten, nach der Herbstjagd hat das Revier, wie in jedem Jahr, von uns keinen Schuss mehr erlebt, uns lediglich zu verschiedenen Kontrollgängen und Revierarbeiten gesehen. Ich denke, wir haben ein gepflegtes und wohlgeordnetes Revier (Verbissbelastung lt. forstwirtschaftlichem Gutachten: Nicht feststellbar) hinterlassen. Da das folgende Jagdjahr noch zum Dreijahresplan- Zyklus zählte, war es dazu ein Revier mit der angenehmen Eigenschaft, dass im Folge- Jagdjahr statt 9 erlaubten 13 Böcke geschossen werden durften. Das war sicherlich nicht von Nachteil, weil es mit Schwarzwild nicht so weit her war. Das hätte ich jedem, auch meinem Nachfolger, ganz sicher auf Anfrage mitgeteilt, auch andere Tipps und Fakten im Zusammenhang mit dem Revier. Nur hat sich niemand der Mühe unterzogen, mich oder Freund G. anzusprechen, anzurufen oder in sonst irgendeiner Art und Weise zu kontaktieren.

Ich weiß nicht, ob bei unseren Nachfolgern die geforderten Abschusszahlen erreicht wurden, mündliche Berichte ließen anderes vermuten. Eines aber können wir versichern und bei Bedarf jederzeit von unseren (unverdächtigen) Herbstjagdgästen bestätigen lassen: Es ist Rehwild genug da. Auch die Jagdgenossen sind dieser Ansicht (Verpachtungs- Versammlung 2005, O- Ton Jagdgenosse K.: Es ist viel zu viel Rehwild da!). Auf unserer Herbstjagd wurde regelmäßig ein Vielfaches der späteren Strecke gesehen. Die Methode macht es eben.

Zur Erinnerung

Rehwild neigt stark dazu, sich möglichst unsichtbar zu machen. Und es ist ganz erstaunlich, wie erfolgreich die Tierchen dabei sind. Dementsprechend ist also Rehwild auf Wiesen oder sonstigen offenen Flächen die Ausnahme. Warum sollten die sich auch weithin sichtbar hinstellen? Machen wir ja auch nicht gern, und Rehwild schon mal gar nicht; als Drückertyp und so genannter Grenzlinienbewohner liebt es unbedingt die Deckung. Aber das wissen ja alle. Seit einiger Zeit auch stellt die Forstwirtschaft, privat und staatlich, ihre Methoden um. Erklärtes Ziel ist seitdem, vom althergebrachten strikten Altersklassenwald abzugehen, Fichten- Monokulturen durch Laubmischwald mit der Hauptbaumart Rotbuche zu ersetzen. Bestehende Bestände werden systematisch ausgelichtet, unterpflanzt, Plenterbewirtschaftung nimmt zu etc. etc. Auch die üblichen Subventionszahlungen für Privatwaldbesitzer werden davon abhängig gemacht. Auch das wissen natürlich alle. Die Folge davon: Raume Bestände mit Lichtinseln, starke Strukturierung, in Verbindung mit dem hohen Stickstoffeintrag durch die Luft üppigster Unterwuchs. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen tun ein Übriges: Kleinere Flächen werden nicht mehr bearbeitet, weil es sich nicht lohnt, weil Erben kein Interesse haben, sie verfilzen, wachsen zu. Für Rehwild ein Paradies. Denn es findet genug bequeme und hochwertige Äsung direkt in und neben den Einständen. Das ist, natürlich, jägerisches Allgemeinwissen. 

Das bedeutet aber auch, logisch, dass es, abgesehen von der Mai- und der Blattjagd auf Böcke, bei der es mit Hängen und Würgen, mit Dauerverstänkerung der Einstände auch mit den alten Methoden möglich ist, den Abschuss zu erfüllen, spätestens beim weiblichen Abschuss zum Schwur kommt. Bei Aufgang der Jagdzeit sieht man sie längst nicht mehr, sie ziehen auf zehn Meter am Hochsitz vorbei, man hört sie manchmal, sehen tut man aber nichts. Das wissen auch alle. Aus Erfahrung.

Ja, dann ….

Ja dann. Dann bleibt, will man seinen gesetzlichen Verpflichtungen genügen, die ordentlich durchgeführte Drückjagd. Wir haben es, s. o., immer locker geschafft, dadurch den Abschuss zu erfüllen; die Ansitzerei hat es einfach nicht gebracht. Dazu gehört aber die Einsicht, dass offensichtlich untaugliche Verfahren aufgegeben, überkommene Methoden angeglichen und revierangepasst verfeinert werden müssen. Und ich halte es nicht für ein Verbrechen, wenn man sich die Arbeit von hoch qualifizierten Fachleuten aus der Wildtierforschung zunutze macht und die Ergebnisse ihrer Arbeit übernimmt. Stattdessen oft die stereotype, hilflose  Aussage: „Wir haben kein Rehwild mehr!“ Schon mein Großvater hat immer zu mir gesagt: Junge, wenn jemand nur ´n Hammer hat, sieht jedes Problem wie ´n Nagel aus.

Ich bin kein Prophet, befürchte aber, dass genau da das Problem liegt. Und daher ist mir (und nicht nur mir) auch klar, was der ganze Zirkus mit „Revier leer schießen“ eigentlich bezweckt. Wie man hier sagt, „man kann dran packen“. Der Abschussplan und die damit verbundenen diffusen Ängste und Ahnungen, das ist es. Sicher, ich kann den lieben langen Tag im Revier herumsitzen, wenn ich die Zeit dazu habe. Nur sehe ich ja bei den Nachbarn die Ergebnisse. Aber da man es eben nicht besser weiß, sitzt man. Die Folge ist, dass das bisher relativ vertraute Rehwild wegen dieser Dauerpräsenz sehr viel heimlicher wird. Die merken nämlich noch was. Das Kümmer- Rehchen, das man sieht, muss dann nach überkommener Sitte mindestens drei bis vier Ansitzgeschehen lang studiert werden, man ist schließlich ein waidgerechter deutscher Jäger. Zu 95 % kommen sie noch nicht einmal ein zweites Mal, weil sie uns schon beim ersten Ansitz über kurz oder lang spitz haben und dann verschwinden. Die grenzdebilen 5%, die selbst dann doch noch um die Kugel betteln, machen leider nicht viel her. Siehste, vom Vorpächter leer geschossen! Und das so gründlich, dass es für die ersten drei Jahre als Entschuldigung langt. Danach, weil es dann langsam peinlich wird mit dem „leergeschossen“, die üblichen Anschlussausreden: Überhaupt kein Rehwild mehr, die Spaziergänger, die Reiter, die vielen Katzen und Hunde, das viele Fallwild, der Straßenverkehr, wo nichts ist, kann man nichts schießen, etc. etc.. Abschussmeldungen aber wie gehabt: Böcke so gerade, bei den Weibern wird gelogen, was das Zeug hält. Methoden ändern? Aufbau-, Pionier- und Erhaltungsphase eines Rehwildbestandes? Revier- und Fluchtverhalten, Besiedlungsstrategien, Biotopkapazität? Was ist das denn alles? Neumodisch- dumm Tüch!!

Wir waren manchmal wochenlang nicht zur Jagd im Revier, vor allem dann, wenn es für das Wild gut war, dass es Ruhe hatte, und das Wild hat es uns gedankt. Wegen der Ruhe, Stressfreiheit übers Jahr wurde die Streckenerfüllung bei der Herbst- Drückjagd trotzdem immer erreicht. Zeitweise jägerische Nicht- Präsenz aber bedingt eine gewisse Selbstdisziplin und die Abkehr von alten, überholten Denkweisen: Dass man für das viele Pachtgeld schließlich auch was haben, sprich jeden Tag herumsitzen will. Wohlgemerkt: Ins Revier kann man, z. B. zum Arbeiten, und sollte man, z. B. zu Kontrollgängen, überhaupt kein Problem, aber eben wie der Spaziergänger, der Waldarbeiter, ohne Heimlichkeit und Schleicherei.

Wir bekamen z. B. viele Berichte über Wildbeobachtungen von unseren Jagdgenossen – und unseren Reitern und Kutschern. Und damit kommen wir zu einem alten Vorurteil, das nach wie vor weit verbreitet ist und bei vielen Jägern immer noch zu nervös bedingtem Hautausschlag führt: Pferde und damit Kutscher und Reiter im Revier. Wir hatten in nächster Nähe einen Reiterhof, dessen Mitglieder anfangs immer ängstlich – unsicher auf uns reagierten, wenn wir sie im Revier trafen, denn es gab bei uns keine ausgewiesenen Reit- und Fahrwege, und damit hätten wir ihnen Ärger machen können. Wir haben ihnen die Sorgen genommen und sie willkommen geheißen, aber im Gegenzug auf strikte Einhaltung der Wege bestanden. Alle hielten sich an die Vereinbarung, es klappte gut. Zum Dank dafür bekamen wir wertvolle Berichte über Wildbeobachtungen und -bewegungen. Eines muss nämlich einmal klar gesagt werden dürfen: Pferde, Kutschen, Reiter, auch Spaziergänger mit Hunden, wenn sie auf den Wegen bleiben, werden vom Wild bei weitem nicht so massiv als Störung empfunden wie eine rund um die Uhr nach Jäger stinkende Kanzel.

Ich weiß, ich weiß. Opa hat das immer so gemacht. Na dann, weiter so, wir leben schließlich in einem freien Land. Aber der Jagd an sich erweist man mit dieser fahrlässigen Haltung einen fatalen Bärendienst. Und diese „Jäger“ sollten zumindest die in Ruhe arbeiten lassen, die bewiesen haben, dass es sehr wohl auch anders geht.

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch