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Förster, Jäger, „Hobbyjäger“

oder

Wie man sich zielsicher vor allem vor´s eigene Knie tritt

 

Es gibt immer wieder Situationen, bei denen man als Naturnutzer nur den Kopf schütteln kann. Vor allem dann, wenn man einmal mehr sehen muss, wie ein Teil dieser Gruppe aus reinem Profilierungsdrang einen anderen Teil, der eigentlich natürlicher Verbündeter ist, abqualifiziert, um Teilinteressen und die eigene Position als Maßstab für alle darzustellen. Wie hier geschehen: Am Forstwesen soll die jagdliche Welt genesen, heute, in der Sendung

Die Förster-Saga

Die Förster-Saga – Dokumentation, D 2016 Dienstag, 09.08.2016
Beginn: 09:40 Uhr Ende: 10:03 Uhr Länge: 23 min.
Regie: Ute Gebhardt
Originaltitel: Die Förster-Saga
Kategorie: Nachrichten/InfoDokumentation
Land: D

Er ist unser aller Sehnsuchtsort, mit all seinen Tieren und Pflanzen, seiner Stille und seinem Licht. Der Wald. Er ist auch ein Wirtschaftsraum, der uns mit Holz für Bau, Möbel und Heizung versorgt. Mitunter ist der Wald ein Sorgenkind, weil der Klimawandel ihm zusetzt, Stürme ihn umwehen oder Schädlinge trostlose Baum-Gerippe zurücklassen. Das ist in den zurückliegenden Jahrtausenden immer wieder passiert. Er kann solche Wunden wieder heilen, wenn man ihm nur Zeit lässt. Und wenn Generationen von Förstern die richtigen Entscheidungen treffen. Dann hat der Wald diese Pracht und Mächtigkeit, von der wir träumen und schwärmen. Fünf Wald-Profis – Förster, die sich prächtig miteinander verstehen, nehmen uns Zuschauer mit in ihren Alltag und zu den Highlights ihrer Wälder. Jennifer, Sonja, Uta, Ronny und Lars sind Revierförster und Forstamtsleiter, zwischen Ende zwanzig und Ende vierzig. Ihre Reviere liegen in den schönsten Gegenden Thüringens und unterscheiden sich markant: Fichten-Hochlage, Naherholungswald, von Kyrill geschädigter Eichenbestand, intensiv genutztes Hallen-Buchen-Revier. Fünf sympathische, tatkräftige, kluge Menschen machen das ewige und sehr aktuelle Thema Wald lebendig. Wir folgen ihnen vom frühen Winter bis in den Hochsommer. Wir erfahren, warum sie unbedingt Förster werden wollten, was den Beruf gerade heute so spannend, so schwierig und doch so beglückend macht. Und sie zeigen uns, dass die allgemeinen Klischees nichts anderes sind als eine Förster-Saga.

So weit die Programmankündigung.

Ja, die Förster. Sie sind die eigentlichen Profis, auch als Jäger, wie man dann erfährt. Eben ganz sympathische, tatkräftige, kluge Menschen. Die ehrenamtlichen Jäger sind nur „Hobbyjäger“ (und damit nicht sympathisch – tatkräftig – klug?). Die ansonsten bebarmten „Klischees“ werden im eigenen Interesse dann ganz kräftig bedient: Kein Wort davon, dass Förster lediglich den ganz normalen Jagdschein machen, genau wie die „Hobbyjäger“ auch. Speziell jagdbezogene Zusatzqualifikationen werden während des Forstwirtschafts- Studiums generell nicht verlangt, sind eben nicht Pflichtfach. Man kann sie freiwillig erwerben – wie eben die „Hobbyjäger“ auch. Unter uns und mal ganz ehrlich: Wenn ich einige Förster, die ich kenne, in puncto Einstellung zur Jagd und Kenntnis von Jagdthemen als Maßstab heranziehe, dann kann ich nur sagen: Hut ab vor so manchem „Hobbyjäger“.

Dann der nächste vernichtende Seitenhieb: „Der „Hobbyjäger“ kennt nur den Ansitz, und das bringt permanenten Jagddruck in den Wald.“ Diese Weisheit kann Frau Gebhardt in ihrer – erklärlich – fehlenden Sachkenntnis ja eigentlich nur von ihren Reportage- Objekten haben, den ganz sympathisch – tatkräftig – klugen. Und zeitlich – punktuelle Drückjagden, um dieses Übel fürderhin zu vermeiden, würden so gut wie nie veranstaltet, beklagt man. Ja, der Jagddruck. Nur ganz nebenbei: Wölfe und Luchse, vom meist grünen jeweiligen Dienstherrn frenetisch gefeiert, halten sich 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag in ihren Revieren auf. Aber die verursachen, natürlich!, keinen permanenten Jagddruck. Was mich ein wenig irritiert, denn Drückjagden veranstalten die nicht, da bin ich mir eigentlich sicher. Wie schaffen die das dann, den „Jagddruck“ zu vermeiden? Oder liegt es doch ganz einfach daran, dass Reh, Sau und Hirsch schlicht und einfach Realisten sind und wissen, dass es nicht ganz ungefährlich zugeht in dieser Welt, sie das aber akzeptieren und deswegen kein Problem mit dem von den Ahnungslosen so sehr bebarmten „Jagddruck“ haben?

Nichtsdestoweniger – ich persönlich bin ein großer Freund von gekonnt geplanten und durchgeführten Drückjagden, schon aus Gründen der Effizienz, und bei weitem nicht nur ich, sondern die Mehrheit der mir bekannten Jäger (https://ein-jagdmensch.com/rehe-druecken-aber-richtig/). Wie man deshalb auf das schmale Brett der nicht durchgeführten Drückjagden kommt, wird eigentlich nicht so richtig erläutert. Auf der anderen Seite: Ein ähnlich erprobtes System hat bisher noch kein Forstamtsleiter im hier benachbarten Staatsrevier in die Praxis umgesetzt; stattdessen rennen bei den angesetzten herbstlichen Drückjagden eine Menge ortsfremde Jäger aus den benachbarten Ballungsgebieten da herum. Einheimische werden nicht gesehen, es wird fleißig geschossen, die Strecke ist allerdings meist bescheiden.

Zur Ehrenrettung der Kollegen von der schwerpunktmäßig botanisch fixierten Division sei allerdings gesagt: Sie können es sich nicht aussuchen, das alles geschieht auf ausdrückliche dienstliche Anweisung aus Düsseldorf; dort sitzt der „böse Feind“ des Wildes, der grüne Umweltminister J. Remmel. Denn so eine Einladung zur Drückjagd in Staatsrevieren kostet ganz ordentlich, Standgebühren von 150,00 € aufwärts sind nicht unüblich, wie man raunen hört. Schließlich muss der (Umwelt-) Minister ja seine Defizite niedrig halten, und da ist jedes Mittel recht, auch die Anwendung von Methoden, die man ansonsten bei jedem anderen als besonders übel und unethisch anprangert wie eben den bezahlten Jagdtourismus.

Nicht genug damit: Herr Remmel und seine inner- und außeramtliche Entourage sorgen zusätzlich auch mit allem Nachdruck dafür, dass die Forstämter hier im Sauerland, und nicht nur da, Mini- Pirschbezirke von 40, 50 Hektar zu Phantasiepreisen und –konditionen an hektisch nach Jagdgelegenheit suchende Jäger aus den Ballungsräumen verpachten, üppig bestückt (vom Verpächter Staat!) mit Hochsitzen, in Abständen von teils 30 Metern. Aber da wird natürlich kein Jagddruck ausgeübt, ja woher denn! Auch wenn die eben noch als einzig weidgerechte Art der Jagdausübung angeführte Drückjagd auf 40 Hektar von vorn herein illusorisch ist, wie jeder Fachmann weiß. Was bleibt den armen Pächtern dann außer der Ansitzjagd, und zwar dauerhaft, aus reinem Selbsterhaltungstrieb? Sinnigerweise nämlich gibt´s so gut wie immer vertraglich vereinbarte bzw. aufgedrückte harte Pönalen für den Fall, dass der geforderte (hohe) Abschuss nicht erreicht wird, bis hin zur Androhung der angeordneten Regiejagd durch, natürlich, jagende Forstbeamte. Die dann, wenn´s dazu kommt, die Pirschbezirks- Inhaber ablösen und sich natürlich auf denselben Hochsitzen die Hintern dauerplattsitzen (denn Drückjagd geht ja nicht, wie wir wissen), natürlich zu Stundensätzen beamteter Staatsdiener, zu Lasten, natürlich, des saumseligen Pirschbezirks- Inhabers. Quod licet Iovi, non licet bovi, wie schon die alten Lateiner wussten. Die Ochsen sind hier, ganz klar, die Pirschbezirks- Inhaber.

Ett iss, wie ett iss, unn ett kütt, wie ett kütt, wie der Rheinländer so schön zweck- fatalistisch meint. Nur, wie schon gesagt: Eigentlich sollte man meinen, dass alle Naturnutzer natürliche Verbündete gegen zuhauf zu beobachtende land- und forstwirtschaftliche Zumutungen und jagdfeindliche Bestrebungen in der Politik sind, natürlich alle aus „Naturschutz“ – Gründen. Das ist eigentlich auch allen Beteiligten bewusst. Theoretisch. Aber wie es so ist im Leben: Wenn man die Gelegenheit sieht, sich auf Kosten anderer mal so richtig in den Vordergrund schieben zu können, sich als Gruppe vermeintlich positiv abzugrenzen, dann wird man einfach manchmal schwach. Diese Versuchung ist allgegenwärtig, wie wir alle wissen, in jedem Lebensbereich, und die Verlockung, ihr zu erliegen, ist nur allzu menschlich. Vor allem, wenn Moderatoren – selbst mehr als einmal erlebt – einen mehr oder weniger subtil, aber aktiv in diese Richtung manipulieren. Aber sie ist bei kühlem Verstand eigentlich beherrschbar, die Versuchung.

Wenn sie denn nicht bereits zu einem unbedingten Reflex mutiert ist. Bei dem ist kühler Verstand einfach abgemeldet.

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Kirchveischede, 9. August 2016

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Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

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Jagd im staatlichen  Forst – gut bezahltes Hobby?

Man wird es schon leid, das Getue. Aber es ist nun einmal so: In der Tagespresse und damit in der öffentlichen Meinung, natürlich nach Kräften gefördert durch die pensionsberechtigten Staatsförster, ist der Förster á priori der bessere Jäger, „Profi“. Weil er Förster ist. Weil das nun mal seit fast 200 Jahren so ist. Demgegenüber steht der so genannte „Hobbyjäger“, der Gamsbartjäger, der allenfalls mal am Wochenende seinen dicken Hintern vom Schreibtisch oder von der Couch weg bewegt und dann den genervten Profis vom Staatsforst nur auf den S… fällt. Wobei es streng genommen nach diesem Gedankenmodell gar keine Berührungspunkte geben dürfte, man sieht nämlich selten am Wochenende einen Förster im Revier. So ist jedoch die öffentliche Meinung, wie gesagt, nach Kräften gefördert durch unsere Profi- Presse. Aber wie sieht nun die Wirklichkeit aus? Ganz erheblich ernüchternd, zumindest im Hinblick auf unsere Staatsförster.

Das fängt an mit der jagdlichen Qualifikation: Förstern, Forstwissenschaftlern wird in der Regel während ihrer Studienzeit die Ablegung der Jägerprüfung zumindest nachhaltig ans Herz gelegt, manchmal wird sie auch obligatorisch gefordert. Der / die Student(in) macht dann nichts anderes als jeder der gescholtenen Hobbyjäger: Er / sie macht die für jeden Jäger obligatorische Ausbildung durch und legt seine Prüfung vor den zuständigen Gremien ab. Das war´s auch schon. Keinesfalls wird die Jägerei in irgendwelchen Studiengängen gelehrt, wie das immer durchscheint. Das heißt, von der jägerischen Vorbildung her steht unser Förster absolut auf einer Stufe mit dem stilvoll der Verachtung preisgegebenen „Hobbyjäger“ – und umgekehrt.

Das geht weiter mit der Einstellung zur Jagd. Denn die wird natürlich ganz wesentlich geprägt durch die forstwissenschaftliche Ausbildung und durch die tägliche Arbeit. Und da ist es nun einmal so, dass die mörderische Ertragsoptimierung, das beinharte Gewinnstreben dafür sorgt, dass Wild und Wald zusammen nicht geht. Hier befindet man sich in einem klassischen Dilemma: Die Umwelt- und Forstministerien, wie immer sie in den einzelnen Bundesländern auch heißen, ironischerweise meist grün besetzt, fordern natürlich größtmögliche Kostendeckung beziehungsweise möglichst geringe betriebswirtschaftliche Verluste ihrer Förstereien. Schließlich muss man das dem Wähler verkaufen können, außerdem will man der Opposition keinen Anlass zu Heckenschüssen geben. Da gehen dann grüne Positionen ganz schnell über den Deister. Abgesehen davon, dass ich persönlich Beamtenhierarchien generell die Fähigkeit abspreche, wirtschaftlich agieren zu können, das ist schon strukturell bedingt (Parkinsons Gesetz, Peter- Prinzip), erzieht das kameralistische System zu kurzsichtiger Vorgehensweise. Der Minister / die Ministerin will ja während seiner / ihrer Amtszeit Erfolge vorweisen können, mit den langfristigen Problemen, die meist klar sind und auf der Hand liegen, mit denen sollen sich gefälligst die Nachfolger herumschlagen. Im Klartext: Wer den von mir verursachten Flurschaden wegräumt, ist mir sch…egal – ich bin dann hoffentlich, wenn alles gut läuft, entweder in der Toskana oder sitze in mehreren Aufsichtsräten; noch später kann ich mich als „elder states(wo)man“ salbungsvoll zu Worte melden. Außerdem kann ich ja beratungsweise in Erscheinung treten – natürlich gegen entsprechendes üppiges Honorar.

Vor allem wird das Gerangel, das Hauen und Stechen um Karrieresprünge in den Forstamtsstuben weidlich ausgenutzt: Wer die Herrschaften am besten bedient, macht Karriere – langfristiges Denken hin oder her. So entstehen unsere teflon- beschichteten Forstamtsleiter – intrigant und messerwetzend wie byzantinische Palast- Eunuchen. Es wird zwar der Waldumbau umgesetzt, wenn auch nur schleppend, denn der kostet viel Geld und bringt erst in Generationen Ertrag, beißt sich daher mit der, siehe oben, systemisch bedingten Forderung nach kurzfristigen Gewinnen. Im Interesse der eigenen Jobsicherung ist es auch nicht opportun, denn solche Bestände brauchen weit weniger Pflege, was erheblichen mittelfristigen Personalabbau und damit, wenn auch nicht Entlassung, so doch erheblich verminderte „Karrierechancen“ befürchten lässt. Denn was nützt einem der Titel Forstoberamtsrat, wenn einem nach und nach die Forstamtsräte abhanden kommen? Also Zeit gewinnen, Nebelkerzen werfen. Die Forderungen der Wildbiologie aber, die seit Jahren eine naturnahe Betrachtung vor allem auch des Wald- Wild- Gefüges fordert, die anmahnen, Wildverbiss als das zu nehmen, was er ist, nämlich eine völlig natürliche Erscheinung, die, ganz im Sinne der Jäger, eine ganzheitlich ausgerichtete und damit auch wildgerechte Waldbewirtschaftung fordert, die werden vorsichtshalber mal ausgeblendet. Sobald ein Knöspchen verbissen ist, fängt der Krieg an. Die Hobbyjäger sind´s!!

Wildverbiss

Und damit sind wir beim Unwort für jeden unserer Förster, gefürchtet wie früher der Gott-sei-bei-uns. Denn völlig unabhängig von seinem Umfang, völlig unabhängig davon, welchen Anteil vom tatsächlichen Zuwachs er betrifft, d. h., ob er  ü b e r h a u p t  die Verjüngung unseres schönen deutschen Waldes gefährdet oder beeinträchtigt – Wildverbiss ist eine Horrorvorstellung für jeden Förster, schon der Begriff verursacht anscheinend körperliche Qualen. Und dementsprechend wird es aufgebauscht. Dass Rehe (und Elche, Weißwedelhirsche z. B., sie alle Trughirsche und von der Lebensweise her durchaus vergleichbar) als so genannte (Wald-) Randzonenbewohner ernährungsbedingt Lichtungen und Lichtecken brauchen, ist seit einiger Zeit bekannt. In geschlossenen Waldungen ist ihre Bestandsdichte daher gering. Sie alle brauchen Lichtinseln, die früher auf natürliche Weise durch Sturm, Waldbrand und ähnliche Naturereignisse geschaffen wurden. Damit entstanden Waldrandzonen, und in diesen Randzonen, und nur da, kommt die von diesen Arten benötigte energiereiche, hartfaserfreie, gut aufzuschließende Nahrungsvegetation hoch. Und dementsprechend wichtig ist es natürlich für dieses Wild, genau solche Umweltbedingungen durch eifrigen Rückbiss der nachwachsenden Baumvegetation so lange wie möglich zu erhalten. Selbstverständlich erfolgt das nicht nach kühlem Kalkül, es geschieht nicht bewusst, es liegt einfach in den Systemregeln. Denn wachsen diese Lichtinseln wieder zu, muss das Reh, muss der Elch  wieder abwandern respektive seine Populationsdichte wieder an die verfügbaren Ressourcen anpassen, vulgo verhungern.

Im Gegensatz zu heute. Was haben wir für Kilometer an Randzonen – Waldränder, Waldwege, Rückeschneisen, Plenterhiebinseln etc. etc. Und man kann das ganze auch realistisch sehen. Als ich 1994 zum ersten Mal zur Elchjagd im europäischen Teil Russlands war, wunderten wir uns über riesige, offensichtlich schon Jahre alte Windwurfflächen mit üppigstem, aber niedrigem Bewuchs – und über eine von uns nie so erwartete Elchdichte! Die russischen Jäger (und Förster) erklärten uns auf unsere erstaunten Fragen hin, nachsichtig- verwundert ob unserer Ahnungslosigkeit, dass das nun einmal so sei; Elche erhielten sich so ihr Biotop, daran sei eben nichts zu ändern, das sei Natur. Alle Bemühungen, durch Kultivierungsmaßnahmen wieder Hochwald zu schaffen, seien von vorn herein wirkungslos, da die vielen Elche sich geradezu gierig auf aufkommende Jungbäume stürzten, weil extrem nährstoffreich und gut verdaulich. Also lasse man der Natur einfach ihren Lauf,  den Rest regele die Natur irgendwann selbst. Entweder, ganz selten, geschehe das dann dadurch, dass durch massiv erhöhten Prädatorendruck die Bestände wieder zurück gehen. Viel öfter aber dadurch, dass irgendwann die Bestände zu dicht werden und diese dann durch Seuchen- und Krankheitszüge in Verbindung mit knapper werdenden Nahrungsressourcen innerhalb kurzer Zeit zusammenbrechen. Das wiederum verschaffe dem Wald, den Bäumen die nötige Zeit, wieder aus dem Äserbereich herauszuwachsen. Also nehme man´s gelassen und profitiere so gut als möglich von der Situation, indem man jetzt eben so viele Elche wie nie zuvor schießen könne.  Was sie (und wir) auch nach Kräften taten. Unsere Gastgeber gaben uns auch zu verstehen, dass man Elche auf Grund ihrer Lebensweise eigentlich nicht ausrotten könne, höchstens den Bestand so reduzieren, dass der Wald schneller wieder hochkäme, s. o., Prädatorendruck; das sei aber so arbeits- und zeitintensiv, dass das niemand ernsthaft in Betracht ziehe. Sie nahmen das Ganze also abgeklärt- gelassen hin, wie Profis eben. Wohlgemerkt, russische Jäger und Förster aus der letzten nordöstlichen Ecke Europas, nach hiesigem forstwirtschaftlichem Verständnis also ahnungslose Hinterwäldler. Bei diesen Hinterwäldlern aber gehörte das anscheinend seit langem zum forstwirtschaftlichen Allgemeinwissen: Wildverbiss  geschieht nicht aus Boshaftigkeit, ist auch nicht widernatürlich, sondern liegt auf den Chromosomen – und ist damit im Naturgeschehen ein völlig regelgerechter Vorgang. Vielleicht sollte man unseren angehenden Forstwirten ein oder zwei Gastsemester in Russland zur Pflicht machen.

Nun ist ja zugestandenermaßen Russland nicht Deutschland, in unseren Wirtschaftswäldern ist es unbestritten so, dass starker Verbiss, sei es durch Rehwild, sei es durch Rot-, Muffelwild, empfindliche Schäden verursachen kann; für den, der von der Forstwirtschaft lebt, egal ob in staatlicher oder in privater Regie, ganz bestimmt ein Problem. Aber wer ist für das Übel verantwortlich? Bis in die 70-er Jahre war das überhaupt kein Thema, uns ging´s gut, Wildschäden wurden ersetzt, Förster waren zunächst einmal Jäger. Dann wurde das Geld knapp – und von heute auf morgen waren es die Jäger. Die Jäger? Pardon, die Hobby-Jäger! Wir forstliche Überjäger doch nicht, wir sind schließlich Profis in der Nachfolge von Fries, Raesfeld und ähnlichen jagdlichen Ikonen. Profis eben. Aber die Hobby- Jäger. Es wird ja gefüttert auf Deubel komm raus und viel zu wenig geschossen und sowieso. Damit ließ sich 30 Jahre kommod leben: Man musste selbst an seinem System nichts ändern und hatte einen Prügelknaben. Komischerweise kein Wort davon, dass so gut wie alle Förster auch Jäger sind, vor allem auch schon früher waren. Dann wurden vor einigen Jahren die Bedingungen für Fütterungen (teilweise zu Recht!) ganz erheblich eingeschränkt, ja fast unmöglich gemacht. Die Abschussvorgaben und die Jagdstrecken blieben gleich. Bravo. Bravo? Von wegen bravo, denn der Verbiss, übrigens in schöner anfänglicher Naivität von den alten, vom Zeitgeist noch nicht infizierten Forstmenschen selbst veröffentlicht, blieb´s offensichtlich auch! Das war dumm, aber eigentlich vorhersehbar: Bis man einen Riesenhaufen pensionsberechtigter, vor allem unkündbarer Forstbeamte gleichgeschaltet hat, das dauert. In ihrer ganzen Verzweiflung suchte die Ministeriums- Försterei nun einen Ausweg bzw. einen Sündenbock. Gefunden war der relativ schnell: Rot-, Dam-, Sika- und Muffelwild, vor allem das Rehwild mit seinem anerkannt großen Zuwachspotential, die Haupt- Wildart in den allermeisten Revieren, wurde zu Ratten des Waldes erklärt, alles, was ungefähre Ähnlichkeit mit einem solchen Waldschädling hatte, sollte umgehend auf die Seite gelegt werden. Jäger, vor allem Privatjäger, die dem so nicht folgen wollten, wurden (und werden) übelst in den dafür zugänglichen Medien an den öffentlichen Pranger gestellt. Zu Recht?

Wie man´s nimmt, denn Kritik ist angebracht, wobei ich hier lediglich im Hinblick unsere hiesige Haupt- Schalenwildart, unser Rehwild spreche; für andere Cerviden gelten andere Regeln und Zusammenhänge. Diese Debatte nämlich bringt uns zu einem klassischen Dilemma, in dem unsere hiesige Jägerschaft steckt, besser, in das uns Jäger die Einstellung eines kleinen Teils unserer Zunft gebracht hat und bringt, nämlich die ererbte, hart verteidigte, übertriebene und damit schädliche Hegementalität. Denn um es klar zu sagen: Rehwild verträgt scharfe Bejagung als Art völlig problemlos, wenn sie kurzfristig und effektiv und nicht durch ganzjähriges Beunruhigen und Verstänkern erfolgt; ausreichende Biotop- Kapazität vorausgesetzt, erhöht es zunächst einfach seine Reproduktionsrate, verschiebt das Geschlechterverhältnis in Richtung weiblicher Kitze. Erst wenn die Abgänge höher sind als die Zuwächse, und das dauert, nimmt es im Bestand ab. Aber Gottlob nicht in seiner Existenz an sich. Und genug Rehwild ist da. Unsere Rehe sind Meister der Heimlichkeit, und auch wenn von manchen Jägern immer wieder behauptet wird, man kenne jedes einzelne seiner Rehe mit Stammbaum und Geburtsdatum – sehe ich ein Reh, sind fünfe unsichtbar, und zwar dauerhaft!

Als Beispiel: Der dänische Wildbiologe Andersen ließ bereits 1953 in einem isolierten Versuchsrevier von ca. 1.000 ha (Kaloe) von mehreren, das Revier seit Jahren betreuenden Berufsjägern über mehrere Wochen systematisch den Rehwildbestand ermitteln; übereinstimmend wurde der Bestand dann auf ziemlich genau 70 Stücke geschätzt. Zu Forschungszwecken wurde dann ein Totalabschuss durchgeführt, mit einer Riesenmenge an Jägern und einer bürstendichten Treiber- und Schützenwehr. Geschossen wurden sage und schreibe 213 Rehe, die entkommenen nicht mitgerechnet. Noch ein Beispiel? Fred Kurt, einer der profiliertesten Rehwildforscher überhaupt, berichtet: Züricher Flughafen, Gesamtfläche 655 ha, Wildlebensraum also ca. 350 ha, absolut rehsicher eingezäunt, also ohne jede Möglichkeit der Zu- oder Abwanderung, die bejagbare Fläche sehr übersichtlich, da nur mit kleinen Gehölzinseln durchsetzt, seit vielen Jahren bejagt von einem erfahrenen Berufsjäger. Von diesem geschätzter Rehwildbestand: Max. 42 Stücke. Aus Gründen der Flugsicherheit wurde ein Totalabschuss angeordnet, große Aktion. Ergebnis: 215!!! geschossene Rehe.

Vielleicht nicht ganz so krass, aber ähnlich dürften die Verhältnisse auch in unseren Revieren sein. Ich kriege immer wieder alle Zustände, wenn ich von Jägern barmen höre, dass kein Rehwild mehr da sei, man den kümmerlichen Restbestand lieber am Leben lasse, gleichzeitig aber jede Woche von den gleichen Jägern ein oder zwei Rehe von den Straßen gekratzt werden müssen oder verludert, abgekommen und jämmerlich verreckt in den Hecken gefunden werden! Und Alarm: Denn wenn sie noch gefunden werden, heißt das, dass Sauen und Füchse wegen des großen Angebots gar nicht mehr mit dem Aufräumen nachkommen! Zur Erinnerung: Rehwild neigt stark dazu, sich möglichst unsichtbar zu machen. Und es ist ganz erstaunlich, wie erfolgreich die Tierchen dabei sind. Dementsprechend ist also Rehwild auf Wiesen oder sonstigen offenen Flächen die Ausnahme. Warum sollten die sich auch weithin sichtbar hinstellen? Machen wir ja auch nicht gern, und Rehwild schon mal gar nicht; als Drückertyp und so genannter Grenzlinienbewohner liebt es unbedingt die Deckung. Denn seit einiger Zeit greifen auch die Umstellungen bei der Bewirtschaftung, privat und staatlich. Erklärtes Ziel ist, s. o., vom althergebrachten strikten Altersklassenwald abzugehen, Fichten- Monokulturen durch Laubmischwald mit der Hauptbaumart Rotbuche zu ersetzen. Bestehende Bestände werden nach und nach ausgelichtet, unterpflanzt, Plenterbewirtschaftung nimmt zu etc. etc. Auch die üblichen Subventionszahlungen für Privatwaldbesitzer werden davon abhängig gemacht. Die Folge davon: Zunehmend raume Bestände mit Lichtinseln, starke Strukturierung, in Verbindung mit dem hohen Stickstoffeintrag durch die Luft üppigster Unterwuchs, das alles zusätzlich zu den ohnehin durch die Bewirtschaftung geschaffenen Randzonen wie Forstwege, Rückeschneisen u. ä.. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen tun ein Übriges: Kleinere Flächen werden nicht mehr bearbeitet, weil es sich nicht lohnt, weil Erben kein Interesse haben, sie verfilzen, wachsen zu. Für Rehwild ein Paradies. Denn es findet genug bequeme und hochwertige Äsung direkt in und neben den Einständen. Das bedeutet aber auch, dass es, abgesehen von der Mai- und der Blattjagd auf Böcke, bei der es mit Hängen und Würgen, mit Dauerverstänkerung der Einstände auch mit den alten Methoden möglich ist, den Abschuss zu erfüllen, spätestens beim weiblichen Abschuss zum Schwur kommt. Bei Aufgang der Jagdzeit sieht man sie nicht mehr, sie ziehen auf zehn Meter am Hochsitz vorbei, man hört sie manchmal, sehen tut man aber nichts. Also bleibt, will man seinen gesetzlichen Verpflichtungen genügen, die Treib- bzw. Drückjagd; die Ansitzerei bringt es einfach nicht mehr. Dazu gehört aber die Einsicht, dass offensichtlich untaugliche Verfahren aufgegeben, überkommene Methoden angeglichen und revierangepasst verfeinert werden müssen. Und ich halte es nicht für ein Verbrechen, wenn man sich die Arbeit von hoch qualifizierten Fachleuten aus der Wildtierforschung zunutze macht und die Ergebnisse ihrer Arbeit übernimmt.

Nach wie vor bin ich der Meinung, dass viel schärfer, vor allem effektiver gejagt werden kann und auch sollte, vor allem der Abschuss der Vermehrungsträger, nämlich der Schmalrehe und Ricken, sollte verstärkt werden, und zwar im ureigenen Interesse der Jäger – und der Gattung Capreolus an sich. Scharfe, pointierte, effektive Bejagung kommt zuallererst dem verbleibendem Bestand zu Gute! (Der Wildkammer natürlich auch.) Idealerweise schießen wir den Bestand wieder zurück in die Pionierphase – mit dem Resultat einer geringeren Wilddichte, besseren Bestandsgesundheit, in der Regel auch konditionell stärkerem Wild. Unter normalen Umständen wird man selbst bei deutlicher Abschusserhöhung den Rehwildbestand nur prozentual senken können, denn Rehwild reagiert auf schärfere Bejagung sofort wie bereits beschrieben. Damit kommt reflexartig von vielen der Einwand, dass man dann ja alles so lassen könne wie es ist – nichts tun. Und natürlich wird der weibliche Abschuss mit schöner Regelmäßigkeit weiter mit 100 % an die Jagdbehörden gemeldet, wird ja nicht kontrolliert. Das Fatale daran: Wir werden unserem gesetzlichen Auftrag zur Hege des Bestandes nicht gerecht, Und wir tun dem Wildbestand nichts Gutes, denn, man kann es gar nicht oft genug wiederholen, Schalenwild und seine Ökologie ist auf Bejagung programmiert, braucht sie im ökologischen Sinn zur Gesundhaltung als Spezies! Versäumen wir das, geben wir unseren Kritikern jede Menge Munition an die Hand! Und damit meine ich nicht die weltfremden Bambi- Bedauerer oder die militanten Jagdgegner; nein, ich meine  d i e  Kritiker, die damit von der eigenen Tatenlosigkeit ablenken können und uns genüsslich am Nasenring durch die Manege ziehen: Forstwirtschaft, Öko- Szene und v. a. m.

Ja, haben sie denn nun doch Recht?

Wer die Ausführungen bis hierher verfolgt hat, wird jetzt, zu Recht, irritiert fragen: Ja, haben dann die Forstmenschen also doch Recht? Nein, haben sie nicht. Zwar fordern sie eine Reduzierung der Bestände und streben damit rein zufällig das gleiche Ziel an wie Wildbiologen und Jagdwissenschaftler, aber aus einem völlig anderen Motiv, nämlich dem der  kritiklos einseitigen forstwirtschaftlichen Ertragsoptimierung. Förster, zumindest ein Großteil der Förster, die ich kenne, hätten absolut kein Problem mit einem völlig wildfreien Wald. Sie kennen dabei keinerlei Rücksichtnahme auf andere Interessen, auch nicht die des Wildes, würden das aber selbstverständlich öffentlich nie zugeben. Und ganzheitliches Denken, das alle Regelkreise der Natur, also auch unser Wild mitsamt dem zwingend damit zusammenhängenden Phänomen der wechselseitigen Interdependenzen und Einwirkungen einbezieht, ist zumindest der heutigen Forstwirtschaft und ihrer reinen Lehre von vornherein Hekuba; die Universitäten haben das aus Vereinfachungsgründen schlicht ausgeblendet. Unsere Förster hatten und haben, was ganzheitliche Betrachtungsweisen bzw. wildbiologische Zusammenhänge angeht, keinen Deut mehr Durchblick als der viel gescholtene Durchschnitts- „Hobbyjäger“. Wie auch, jagdlich sind sie schließlich absolut gleich ausgebildet. Das Neue aber an der öffentlichen Diskussion zumindest der letzten zwanzig Jahre aber ist, dass die forstwirtschaftliche Ausbildung zunehmend ideologisch- wildfeindlich ausgerichtet ist. Gleichzeitig aber, und das ist die Perfidie an der Sache, spielt die Szene geschickt ihren überkommenen, tief im Bewusstsein der Bevölkerung verankerten Status des Überjägers (Förster = Berufsjäger) aus, oktroyieren ihre völlig einseitige Betrachtungsweise damit geschickt dem  Publikum auf – und qualifizieren in der öffentlichen Meinung den Normaljäger geschickt zum „Hobbyjäger“ herab. Mein Opa hat immer gesagt: „So besch…. man Leute!“ Hier müssen wir einhaken und die Öffentlichkeit über diese Zusammenhänge aufklären, aber endlich einmal aus unserer Sicht, und das wäre eigentlich Aufgabe zuvörderst unserer Verbände. Leider ist wenig davon zu sehen und zu hören. Im Klartext noch einmal: Übermäßiger Verbiss ist nicht zu tolerieren – aber null Verbiss, wie von den Herrschaften gefordert, ist nur mit null Wild zu haben, aus den oben genannten Gründen. Ich würde mich sehr wundern, wenn das in der Öffentlichkeit durchgehen würde.

So viel zur bösen Welt um uns herum. Das alles aber entbindet uns Jäger eindeutig nicht von der Pflicht, alte Zöpfe endlich abzuschneiden, uns auf den aktuellen Stand der Wissenschaft zu bringen und unser jagdliches Tun daran auszurichten. Denn der Bürger, auch der nichtjagende Bürger, kennt zwar nicht die detaillierten Zusammenhänge und Probleme, hat aber offensichtlich ein außerordentlich sicheres Instinktwissen, einen Generalverdacht, ein Bauchgefühl im Gigerenzer´schen Sinne dafür, dass etwas grundsätzlich nicht in Ordnung ist. Wir sind dazu aufgerufen, diesen Eindruck gegenstandslos zu machen, die Bedenken zu widerlegen, und zwar durch Fakten. Unser Ziel muss eine Umwelt sein, die sich durch ausgewogene Regelkreise auszeichnet, sich in stabilem Zustand befindet, und zwar in Bezug auf Flora und Fauna. Forstleute können das zumindest derzeit nicht, nicht nur aus den o. a. Gründen, nein, zu ihrer Ehrenrettung soll auch gesagt sein, dass sie getrieben werden von ministeriellen Ertrags- Optimierungs- Diktaten. Selbst wenn sie wollten, könnten sie ihre Einstellung erst mühsam und in vielen Jahren ändern, zu fest betoniert ist die einseitige Ausrichtung ausschließlich auf die Flora im forstwirtschaftlichen Sinn, auf Ertragsoptimierung um nahezu jeden Preis in der gesamten Theorie und Lehre. Wir Jäger aber haben eine jahrzehntelange Diskussion und Zerreißung hinter uns, zumindest in den jüngeren Köpfen ist der ganzheitliche Ansatz mittlerweile angekommen. Schließen wir also jetzt endlich die Diskussion ab und setzen um, was erarbeitet wurde!

Denn wenn wir das nicht endlich tun, sieht man, wohin das führen kann, im Saarland mit seiner ehemals gebildeten (und Gott sei Dank krachend gescheiterten) Jamaika- Koalition. Sie ist zwar mittlerweile Geschichte, hat aber schlagend bewiesen, dass Politiker sich keinen Deut um ihr Gewäsch von gestern scheren. Nur um ihre Pöstchen und Klüngelchen über die Wahlschlappe zu retten (CDU), bzw. um an die vollen Fleischtöpfe der Regierungsmacht zu gelangen (FDP), haben beide Parteien sofort und bedenkenlos die Jagd den Grünen zum Fraß vorgeworfen. Und abzuwarten bleibt, ob das unter der neuen schwarz- roten Regierung wieder zurückgeholt wird, denn das ist wie mit der Büchse der Pandora – einmal geöffnet, sind die Plagen und Übel in der Welt. Und in NRW dürfte nach dem rot- grünen Wahlsieg der Jagd schwere Zeiten drohen, denn Kraft wird den Teufel tun, den Grünen ihre Spielwiese zu nehmen, sie muss sie bei Laune halten, denn schließlich kann sie bei ihrer Finanzpolitik keine Querelen innerhalb der Koalition brauchen. Also darf Remmel sich abarbeiten an der Jagd, an der Umwelt, weiter völlig ungeniert Vetternwirtschaft und Klientelpolitik auf Kosten des Steuerzahlers betreiben, Hauptsache, er ist beschäftigt (siehe Minister Remmel und die Krähen in NRW). Die Linke ist nicht mehr im NRW- Landtag, auch im SH- Landtag nicht mehr vertreten, und es sieht nicht so gut für sie aus, was m. E. nicht von Schaden ist für das Land. Wenn sie aber politisch überleben als Partei, werden sie unverdrossen ihre alte Politik fortsetzen. Wie die aussieht, können sie sich von älteren Jagdgenossen aus den neuen Bundesländern erzählen lassen – abgrundtiefes Misstrauen gegenüber dem eigenen Volk, verbunden mit absoluter Kontrolle, Mielke lässt grüßen.

Und wir sollten uns endlich abgewöhnen, uns darüber zu wundern: Bei ca. 62,2 Mio. Wahlberechtigten in Deutschland (2009) stellen wir Jäger mit ca. 350.000 Köpfen einen Wähleranteil von gerade einmal 0,56 %, und noch nicht einmal die sind sich einig! Wir wären daher noch nicht einmal bei vollständiger Koordinierung im Wahlverhalten auch nur im Entferntesten in der Lage, irgendwelchen politischen Druck ausüben zu können; davon könnten wir vielleicht bei einem Prozentsatz ab 5 % träumen; völlig illusorisch! Was uns bleibt, auch wenn man es gebetsmühlenartig wiederholt, ist flexibles Reagieren auf Veränderungen im Umfeld, vorurteilsfreie Aufnahme neuer Forschungsergebnisse in unseren Jagdalltag, endlich eine Präsentierung in der Öffentlichkeit, die diesen Namen auch verdient. Machen andere auch! Wir können zwar immer wieder darauf hinweisen, dass das Jagdrecht grundgesetzlich geschützt ist, da gekoppelt mit dem Eigentum an Grund und Boden, und dass den Grundeigentümern alles daran gelegen sein muss, zur Verteidigung ihrer Eigentumsrechte mit den Jägern an einem Strang zu ziehen. Aber wer glaubt daran nach den Erfahrungen der letzten 50 Jahre? In dieser Situation dann noch überall perfekte Angriffs- Steilvorlagen für alle Jagdgegner zu geben, das halte ich tatsächlich für eine groteske Verkennung der Stärke der eigenen Position!

Das Saarland hatte mit der Ernennung eines bekennenden sogenannten „Öko- Jägers“ (schon wenn ich das Wort höre, juckt´s mich) zum Jagdreferenten sofort klar gemacht, was kommen wird: Einschränkung der Jagd in der bestehenden Form auf rudimentäre Überreste. Die Saar- Jäger hatten trotz allen Protests keine Chance, sich dagegen zu wehren, zu lange hat man sich auf die vermeintlich sicheren Bastionen des Grundgesetzes verlassen. auch wurde das Wählerverhalten jahrzehntelang grotesk unterschätzt: Auch wenn die Öffentlichkeit, erwiesen, zu über 80 % die Jagd für notwendig und richtig hält, unsere internen Probleme haben sie nicht auf dem Schirm bei ihren Wahlentscheidungen, da orientieren sie sich folgerichtig an den für sie persönlich wichtigen Zielen. Da aber Wähler zu 99,46 % Nichtjäger sind, ist die Jagd für sie, ich wiederhole mich, kein Entscheidungskriterium. Das unterstreicht, wie wichtig es ist, unsere Positionen der Öffentlichkeit aus unserer Sicht näher zu bringen, vor allem die vordergründig logisch erscheinende Argumentation unserer Gegner zu entlarven als das, was sie ist: Wissentlich unwahre Manipulation. Was eigentlich als Begriff eine Tautologie ist, der Begriff Manipulation beinhaltet schon den Vorwurf der Täuschung, aber ich wollte die Sache deutlich machen.

Aber kommen wir zurück zum eigentlichen Thema: Der Versuch unserer staatlichen Forstverwaltungen, die Privatjäger und das Rehwild allein verantwortlich zu machen für die hausgemachten Fehler und die Folgen ihrer politisch geduldeten Unfähigkeit, das schlägt nun dem Fass wirklich den Boden aus. Die private Forstwirtschaft schlägt fröhlich die gleiche Pauke; man folgt eben den „Fachleuten“, gleich, ob wirklich Anlass dafür besteht oder nicht. Und das bringt mich wieder zum Punkt: Bewirtschaftung eines Wirtschaftszweiges durch den öffentlichen Dienst, ganz gleich welcher Wirtschaftszweig das ist, kann auf Grund der gesetzmäßigen Verfahrensabläufen der öffentlichen Verwaltungsstrukturen nie wirtschaftlich sein, das verträgt sich einfach nicht mit Beamtengehabe. Arrogantes, überhebliches Getue von oben herab sorgt zunehmend für Widerstand und macht die Sache nicht einfacher.

Ein Beispiel gefällig? Bei uns wurde, zum ersten Mal vor einigen Jahren, auf Initiative zweier Beständer, nennen wir sie A. und B., wegen drohender Schweinepest eine revierübergreifende Drückjagd auf Schwarzwild initiiert. Beteiligt waren, so weit ich mich erinnere, zunächst vier Reviere mit einer Gesamtfläche von ca. 2.000 ha. In diese Fläche hineingreifend liegt ein Staatsforstrevier von gut 500? ha, das auf Grund seiner Lage und des Geländezuschnitts gewissermaßen Schlüsselstellung hat. Auf Anfrage und Einladung hin kam vom Forstamt eine deutliche Absage: Terminschwierigkeiten. Ein schwieriges Problem, das man auch in den kommenden Monaten (die Idee wurde im Februar geboren, die Ausführung sollte im Dezember erfolgen) nicht zu beheben in der Lage war. Die wirklichen Gründe, den Verdacht wurde ich nie recht los, waren einmal der bereits festgelegte Termin, nämlich ein Samstag, die beteiligten und geladenen Jäger sind ja alle berufstätig, zweitens indigniertes Stirnrunzeln über diese Kompetenzanmaßung der „Hobbyjäger“.

Daraufhin Beratung der übrigen Teilnehmer und der Beschluss, es eben allein zu machen. Um es kurz zu machen: Trotz der fehlenden Staatsforstflächen wurde es ein großer Erfolg! Insgesamt kamen 16 Sauen und 3 Stücke Rehwild zur Strecke, alles in allem also ein wohl erhoffter, aber so nicht erwarteter Erfolg, auch die Presse berichtete anerkennend. Spontan wurde die Wiederholung im nächsten Jahr beschlossen.

Im folgenden Februar ging es dann an die Detailplanung. Weitere zwei angrenzende Reviere schlossen sich an, vor allem aber konnte sich der Staatsforst jetzt schlecht aus dem Geschehen heraushalten; schon allein wegen der positiven Presse. Süß- sauer sagte man jetzt Teilnahme zu, wolle aber noch einige Detailpunkte mit allen Beteiligten klären. Schon damals, nach jahrelanger Erfahrung und nach manchem ausgefochtenen Strauß mit den Herrschaften, wies ich darauf hin, dass die Forstverwaltung mit ziemlicher Sicherheit versuchen werde, die Lufthoheit zum Thema zu erringen, vor allem aber, die Regie zu übernehmen und das Ganze später als eigene Idee zu verkaufen. Das wurde nicht recht ernst genommen, aber da ich selbst lediglich Gast war, hielt ich mich im Hintergrund.

Es kam, wie es kommen musste: Natürlich kam ein Samstag aus „terminlichen Gründen“ für die beamteten Jäger nicht in Frage. Das hatte natürlich nicht seinen Grund darin, dass man keinen arbeitsfreien Samstag für eine Jagd verschwenden wollte, das wurde weit zurückgewiesen. Man sei nun einmal für den ins Auge gefassten Termin nicht mehr frei, es sei überhaupt nur noch ein Dienstag Mitte Dezember frei. Nun ist der normale berufstätige Mitteleuropäer gemeinhin in der Lage, im April (da fand die Besprechung statt) einen Termin für Dezember umzulegen, es sei denn, es handelt sich um seine eigene Hochzeit oder Beerdigung. Bei Beamten geht das aber scheinbar nicht, das muss wohl an der katastrophalen Arbeitsüberlastung in deutschen Amtsstuben liegen, aber sei´s drum. Wohl oder übel fügten sich alle anderen Beteiligten, da man die wichtigen Staatsforstflächen unbedingt mit einbeziehen wollte. D. h., geschätzte 80 berufstätige „Hobbyjäger“ mussten einen Tag Urlaub nehmen bzw. blieben ihren Betrieben fern, um fünf bis sechs beamteten „richtigen“ Jägern den dienstfreien Samstag zu retten. Dass dann von der Forstverwaltung noch eine Reihe „Hobbyjäger“ aus der Kundenkartei eingeladen wurden, wobei von diesen „Standgebühren“ (man munkelt von rund 150,00 € pro Nase) verlangt wurden, sei nur am Rande vermerkt.

Um nun zumindest der von mir sicher erwarteten staatlichen Imagekampagne vorzubeugen, riet ich dazu, einen Artikel vorzubereiten und der Presse 14 Tage vor der Jagd zur Veröffentlichung zuzuleiten; in diesem Artikel wurde die örtliche Bevölkerung gebeten, für die Zeit der eigentlichen Jagdausübung, nämlich von 9:00 bis 15:00 Uhr, auf Spaziergänge oder Holzarbeiten möglichst zu verzichten (was auch bereitwillig befolgt wurde). In dem Artikel wurde vom zuständigen Redakteur auch die Urheberschaft dieser Jagd herausgestellt. Kaum war der Artikel erschienen, ein empörter Anruf, wie man so etwas ohne vorherige Rückfrage beim  Forstamt machen könne… Den Samstag darauf erschien dann der „forsteigene“ Artikel, natürlich ohne Abstimmung. Und dass der Forstamtsleiter darin als „Gesamt- Jagdleiter“ bezeichnet wurde, hatte sich bestimmt der Redakteur aus den Fingern gesogen. Die Jagd an sich war dann wieder ein großer Erfolg, und die Tatsache, dass diesmal 32 Sauen, 14 Stück Rehwild und einige Füchse auf der Strecke lagen, dokumentiert, um wie vieles effektiver die Aktion mit den zentralen Staatsforstflächen war. Vor allem im Hinblick auf die in Nachbarkreisen grassierende Schweinepest war damit ein guter Teil der nötigen und geforderten Mehrabschüsse an einem Tag erledigt worden.

Einstimmiger Beschluss: Nächstes Jahr wieder. Aber diesmal am Samstag, wegen der vielen berufstätigen „Hobbyjäger“. Zunächst spontane Zustimmung der Beamten; dieses Mal ließe sich das bestimmt einrichten. Nun kenne ich ja meine Pappenheimer und blieb sehr skeptisch. Versammlung also im April, dann der Knaller: Von Seiten der Staatsförster als Kompromiss!!- Angebot als Termin ein Freitag Ende November! Entgegen der ursprünglichen Zusage ginge es einfach nicht anders, das müsse man verstehen. Auch diesmal, wieder auf Monate im Voraus, keine Möglichkeit umzuplanen. Zwischen den Zeilen stand, dass ein Freitag zwar schon schwierig ist (weil da ab Mittag Dienstschluss ist?), aber man im Interesse der Sache zu schweren persönlichen Opfern bereit ist.

Was soll ich sagen? Beschlossen und verkündet. Ich bin gespannt, was bei der nächsten Jagd auf uns „Hobbyjäger“ zukommt (wenn die überhaupt stattfindet, so genervt waren die „Hobbyjäger“ von den Querschlägen und Extravaganzen). Vielleicht nach folgendem Schema: Jagdtag Montag bis Donnerstag, das ist einfach besser, weil am Freitag, s. o., ja mittags bereits Dienstschluss ist. Wenn es dann unbedingt ein Freitag sein muss (über Samstag reden wir überhaupt nicht mehr), als Ausgleich für dieses Entgegenkommen möglicherweise eine freiwillige Abgabe zur Zusatzversorgungskasse stressgeschädigter Forstbeamter im Bundesland. Oder ein Tag freiwilliger und unentgeltlicher Arbeitsdienst zur Renovierung der Amtsstuben. Ist natürlich alles nur Vermutung. Aber für unmöglich halte ich eigentlich gar nichts mehr.

Dann kam der Jagdtag. Auf Grund des nicht gerade idealen Wetters, Regen, starker Wind, nasskalt, wurde damit gerechnet, dass die Strecke nicht das Vorjahres- Niveau erreichen würde. Wurde auch nicht. Aber die Staatsforstflächen waren so bürstendicht abgesetzt, dass man meinte, man sei im Kriege (Standversteigerung über egun.de). Ich persönlich, ich stand an der Grenze zu den Staatsforstflächen, habe nach 70 registrierten Schüssen aufgehört zu zählen. Zur Strecke kamen dort allerdings nur insgesamt 15 Stück Wild. Wohin die anderen Schüsse gingen, weiß der liebe Himmel. Und hoffen wir, dass zumindest der größte Teil dieser Schüsse lediglich für Löcher in der Botanik gesorgt haben. Wo hier dann die viel zitierte Waidgerechtigkeit geblieben ist? Vielleicht auf der Strecke. Und wenn auf einer Pirschbezirksfläche von knapp 90 ha, bejagt von einem pensionierten Staatsforstkollegen, mehr als zwanzig! Kanzeln und „Drückjagdböcke“ zu zählen sind, dann, denke ich, brauchen wir Hobbyjäger nicht das Haupt zu senken.

Ich denke, es wird Zeit, einiges zurechtzurücken. Wo leben wir denn?

Kirchveischede, im Mai 2010

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch