DJZ 2/2010, Artikel „Einzige Form der weidgerechten Jagd“

Herr Betz hat eigentlich in seinem Kommentar schon das Wesentliche gesagt, trotzdem noch einige Worte.

Schon der Spiegel brachte 2008 einen Artikel zu dem Thema mit dem sinnigen Titel „Zack, bums –  und tot“ (Spiegel 43/ 2008). Interviewt wurde damals ein Herr Gratz, der in ein ähnliches Horn stieß wie unser Herr Himmelstoß; also „im Westen nichts Neues“. Tenor damals: „Jagd mit der Büchse ist etwas für Gamsbartjäger (ich übernehme den Ausdruck im Folgenden, weil er m. E. den elitären Anspruch auch des Herrn Himmelstoß gut wiedergibt), die mit ihrer dekadenten Kugelspritze auf 200 Meter hinlangen, kaum aus eigener Kraft einen Hochsitz hoch kommen“ und ähnliche Ergüsse mehr. U. a. wurde damals auch die Durchschlagskraft eines Pfeils mit einem Schuss auf einen mit Sand gefüllten 10- Liter- Eimer demonstriert (Durchschuss), während ein Schuss mit einer 30-06 zwar gewaltigen Impuls in den Eimer brachte, aber (natürlich!) keinen Ausschuss erbrachte. Der Spiegel-  Journalist aber war erwartungsgemäß beeindruckt. Ich habe damals einen Leserbrief geschrieben, mit, ich gebe es zu, ein wenig Nachhilfe in Physik, der aber nicht veröffentlicht wurde, das war wohl zu peinlich.

Damit ich nicht falsch rüberkomme: Ich persönlich habe absolut nichts dagegen, wenn jemand sein Wild nach alter Väter Sitte erlegen will, was immer man darunter versteht, solange das im Rahmen der geltenden Gesetze und ohne Quälerei für das Wild geschieht. Eines ist Fakt: Ob Bogenschuss oder Büchsenschuss, das Ergebnis, sauber und mit Verantwortung ausgeführt, ist hier und da das Gleiche, nämlich Beute. Was mich aber bei diesen „Experten“ immer auf die Fichte bringt, ist die demonstrative Beschlagnahme der Weidgerechtigkeit und des Naturerlebens für sich allein. Nur weil die Bogenjagd eine alte Jagdtechnik ist? Damit kann ich auch dienen: Eine sehr beliebte und vom Ergebnis her außerordentlich effektive Jagdgewohnheit unserer sehr Altvorderen war zum Beispiel, ganze Wildrudel über steile Klippen zu treiben. Das schlumpte. Und tot waren sie auch, zumindest fast alle. Das könnte man ja heute auch einmal wieder probeweise einführen.

Vor allem sollte man aber das Salbadern über „Fairness“ unterlassen, man begibt sich damit auf ganz dünnes Eis. Fairness in diesem Sinne, auf die Spitze gebracht, würde bedeuten, Wild mit unmittelbarem Körperkontakt und nur durch eigene physische Überlegenheit zu erbeuten, ohne jedes weitere Hilfsmittel, wie das zum Beispiel Katze, Wolf und Bär tun. Vor allem auch ohne jedes körperfremde Hilfsmittel, also nur mit eigener Kraft, mit eigenen Zähnen und Krallen. Dazu war weder der Urmensch in der Lage noch wird Herr Himmelstoß das je können. Menschliches Jagen war wegen unserer vergleichsweise mangelnden körperlichen Eignung von Beginn der Zeiten an nur durch unsere Intelligenz und, wenn sie so wollen, Tücke möglich. Aber keine andere Eigenschaft macht die Jagd auch nur annähernd so effizient wie sie, denn auch der primitivste Flitzebogen ist ein Ergebnis dieser Tücke oder Intelligenz. Wir sind die einzigen Jäger, die in der Lage sind, auf Distanz zu Beute zu machen. Sind 20 Meter dann weniger tückisch, sind sie fairer als 100 Meter?

Der von Ihnen auf zugegeben subtile Weise abgewertete Gamsbart- Jäger hat aber im Gegensatz zum reinen Spaßmach- Jäger bei uns noch eine gesetzliche Vorgabe zu erfüllen, nämlich seinen Abschuss. Ich lade Sie einmal ein, mit Ihrem Compound- Bogen auch nur in einem durchschnittlich großen Revier innerhalb der vorgegebenen Jagdzeiten den Abschuss zu erfüllen. Danach reden wir dann noch einmal über das Thema – aber erst, wenn der Gamsbart- Jäger Ihren versäumten Abschuss nachgeholt hat. Ich will damit sagen, dass unsere heutige moderne Jagd ohne die Bogenjagd ihrer gestellten Aufgabe sehr wohl gerecht wird, die reine Bogenjagd ohne die, nennen wir sie Büchsenjagd, das aber nie wird leisten können, aus nachvollziehbaren Gründen.

 Also: Spaß und überhebliches Getöse machen ist das Eine. In dieser so geregelten Welt aber, neben aller Passion und Freude am Jagen, auch die Tagesarbeit zu erledigen, das Andere. Einfach den Ball flach halten, Herr Himmelstoß, und jagen gehen. Jeder nach seiner Facon, alle weidgerecht. Und wenn Sie meine Unterstützung brauchen, die Bogenjagd als wohlgemerkt zusätzliche Jagdart mit entsprechender vorheriger Qualifikation zu legalisieren – die haben Sie. Ich kann ja weiter meine Büchse nehmen. Wenn Sie erlauben.

Waidmannsheil!

Kirchveischede, Februar 2010

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch